Im zweiten Teil der Blogreihe zu The Work nach Byron Katie möchte ich dir zeigen, wie du die neu gewonnenen, für dich stimmigeren Sichtweisen durch The Work noch mehr in dein Leben holst. Im ersten Teil des Blogbeitrags hast du den Prozess von The Work nach Byron Katie bereits kennengelernt. Mithilfe vier zentraler Fragen hast du einschränkende und belastende Gedanken und Glaubenssätze erkennen und hinterfragen können – und konntest anhand von Umkehrungen bereits neue Sichtweisen entwickeln.
Um die positive Wirksamkeit von The Work auf psychische sowie körperliche Erkrankungen zu belegen, werde ich dir in diesem Teil zudem einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse aktueller wissenschaftlicher Studien geben.
Umkehrungen vertiefen mit Living Turn-Arounds
Damit neue Sichtweisen auch in deinem Alltag zum Tragen kommen, ist es in einem letzten Schritt wichtig, diese in konkrete Handlungsideen zu übertragen, in sogenannte Living Turn-Arounds.
Falls du dir zuvor Notizen zu deinem The Work-Prozess gemacht hast, schaue gern noch einmal darauf. Welche Umkehrungen und dazu passenden Beispiele konntest du für deinen ursprünglichen, hinderlichen Glaubenssatz finden? Und welche dieser Umkehrung fühlt sich für dich am stimmigsten an und soll mehr in deinem Leben verankert werden?
Finde nun ein bis zwei Living Turn-Arounds, indem du folgende Frage beantwortest:
- Wie genau kannst du diese Umkehrung leben?
Hierbei geht es darum, möglichst konkrete und umsetzbare Handlungsideen zu entwickeln, die sich leicht von dir in deinem Alltag umsetzen lassen. Was kannst du tun, um diese Umkehrung noch mehr zu leben? Nimm dir hierfür Zeit und werde still. Bleibe neugierig, welche Antworten oder Impulse aus deinem Inneren kommen. Mache dir auch hierzu gern Notizen.
Beispiel
Schauen wir uns beispielhaft den Glaubenssatz „Mein Partner liebt mich nicht“ an. Kehren wir diesen Satz nun anhand der drei Umkehrungen um in „Ich liebe mich nicht“, „Ich liebe meinen Partner nicht“ und „Mein Partner liebt mich nicht“, könnte es sein, dass der Satz „Ich liebe mich nicht“ eine besondere Resonanz im Inneren auslöst und man zu der Erkenntnis kommt, dass auch dieser Satz sich (in bestimmten Situationen oder Kontexten) wahr anfühlt.
Möchten wir nun eine Sichtweise in unser Leben holen, die uns mehr Glück und Frieden schenkt, würden wir diesen Satz umkehren in „Ich liebe mich“. Anschließend stellen wir uns folgende Frage und spüren nach, welche Antworten aus dem Inneren auftauchen: „Wie genau kannst du den Satz ‚Ich liebe mich‘ leben und mehr in dein Leben holen?“
Beispielsweise könnte es eine Idee sein, sich zu überlegen, mit welchen kleinen Dingen man sich im Alltag etwas Gutes tun könnte. Zum Beispiel bewusst Zeit für sich selbst einplanen, in der man von niemanden gestört wird und in der man seinen Interessen nachgehen kann. Oder sich jeden Morgen im Spiegel freundlich zu begrüßen, etwas Leckeres für sich zu kochen, eine Massage zu buchen oder regelmäßig Achtsamkeit zu praktizieren.
Wenn du nun Ideen für deine eigene persönliche Umkehrung gefunden hast, überlege dir als Nächstes, mit welchem kleinen Schritt du beginnen kannst, um deine neue Sichtweise zu leben. Nimm dir gern etwas vor, das dir leicht fällt und das du unmittelbar umsetzen kannst. Es geht hierbei darum, ins Tun zu kommen und einen allerersten Schritt zu gehen. Und so zu erfahren, wie es sich anfühlt, wenn du deinem neuen friedvollen Gedanken mehr Raum in deinem Leben schenkst.
Um eine neue Sichtweise zu stärken, kann es hilfreich sein, das Gefühl, das mit dieser einhergeht, körperlich zu verankern. Wenn du deine Living Turn-Arounds im Alltag umsetzt, dann nimm bewusst wahr, wie sich dein Gefühl in der jeweiligen Situation verändert: Wie fühlst du dich (befreit, friedlich, dankbar, hoffnungsvoll etc.) und wo kannst du dieses Gefühl in deinem Körper wahrnehmen? Bleib auch hier neugierig und spüre nach. Wenn du das neue Lebensgefühl gut in deinem Körper verortet hast, dann verweile gern noch einen Moment darin.
Nimm auch wahr, wie du dich in der jeweiligen Situation anders als zuvor verhältst? Wie reagierst du und wie reagieren deine Mitmenschen, wenn du mit deiner neuen Sichtweise in eine Situation hineingehst? Und frage dich auch hier: Wie fühlt sich das für dich an?
Neue Sichtweisen, Gefühle und Verhaltensweisen können auch dann mehr Platz in deinem Leben bekommen, wenn du sie zur Gewohnheit machst. Wie dir das gelingt, zeigen wir dir hier.
Studien zur Wirksamkeit von The Work
In der wissenschaftlichen Forschung wird The Work oft als Methode der Inquiry-Based stress reduction (IBSR) untersucht. IBSR stellt einen Oberbegriff dar, der verschiedene Methoden zur Stressreduktion umfasst, darunter auch The Work nach Byron Katie. In Studien konnten erste positive Wirkungen von The Work auf das psychische Wohlbefinden sowie körperliche Erkrankungen nachgewiesen werden. Die wichtigsten Ergebnisse möchte ich hier kurz festhalten.
Reduktion von Stress und Angst mit The Work
Mehrere Studien weisen darauf hin, dass das Praktizieren von The Work positive Auswirkungen auf das Empfinden von Stress und Angst haben kann.
In verschiedenen therapeutischen Modellen werden dysfunktionale Wahrnehmungen und Überzeugungen als Ursache psychischer Belastungen diskutiert. Auf Basis dieser Überlegung konnten Wissenschaftler zeigen, dass das Hinterfragen Stress auslösender Gedanken mit The Work dazu beiträgt, Stress zu reduzieren, die psychische Belastung zu vermindern und das psychische Wohlbefinden zu steigern3.
Darüber hinaus gibt es in der Pilotstudie von Leufke et al. (2013) Hinweise darauf, dass The Work ein wirksamer Ansatz sein kann, um psychopathologische Symptome wie Ängstlichkeit, Depressivität, Unsicherheit im Sozialkontakt, Aggressivität, Feindseligkeit, Zwanghaftigkeit, paranoides Denken und psychotische Symptome zu verringern4.
Steigerung der Lebensqualität und der Lebenszufriedenheit mit The Work
Dass The Work zur Steigerung eines positiven Lebensgefühls beiträgt, verdeutlichen folgende Studienergebnisse: Nach der täglichen Anwendung von The Work über einen Zeitraum von achtundzwanzig Tagen hatten sich bei den Teilnehmenden die Lebensqualität und ein Glücksgefühl, das von äußeren Umständen unabhängig war, deutlich erhöht. Gleichzeitig berichteten sie von einer Verringerung depressiver Symptome, vermindertem Ärger und einem Rückgang von Angstsymptomen.2
Auch die Ergebnisse einer weiteren Studie demonstrieren sowohl eine Zunahme der Lebenszufriedenheit sowie eine Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens, des Selbstwert- und des Kohärenzgefühls. Menschen mit einem ausgeprägten Kohärenzgefühl erleben sich als selbstwirksam und resilient, wodurch sie herausfordernde Situationen leichter bewältigen können.1
Weitere Forschungsergebnisse zeigen auch, dass The Work einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität chronisch kranker Menschen haben kann. France et al. (2015) untersuchten Menschen mit HIV in Irland und Zimbabwe. Bei Infizierten besteht häufig ein hohes Maß an Selbststigmatisierung, das zu Scham, Selbstbeschuldigung und einem Gefühl von Wertlosigkeit führen kann. The Work bietet hier einen Ansatz, solche stigmatisierenden Überzeugungen aufzudecken und so Menschen mit HIV darin zu unterstützen, ihre Lebensqualität zu verbessern.7
Positive Auswirkungen auf das körperliche und emotionale Wohlbefinden von The Work konnten auch bei Frauen bestätigt werden, die ein erhöhtes Brustkrebsrisiko haben5 oder eine Brustkrebserkrankung überstanden hatten. Bei Letzterem konnte die Schlafqualität, der Müdigkeitsgrad sowie das körperliche, soziale, familiäre und emotionale Wohlbefinden der Frauen mit regelmäßiger Praxis signifikant verbessert werden6.
The Work als Burnout-Prophylaxe
In der Forschung konnte The Work als wirksame Burnout-Prophylaxe bei Menschen nachgewiesen werden, die therapeutisch oder lehrend tätig sind. Die Anwendung von The Work unterstützte Psychotherapeuten darin, ihr Wohlbefinden zu stärken und sich vor Burnout zu schützen, indem es das Selbstbewusstsein und die Selbstannahme der Therapeuten und die Akzeptanz gegenüber den Klienten stärkte, sowie die kognitive Flexibilität und das metakognitive Bewusstsein. Auch das Vertrauen zwischen Therapeut und Klient wurde durch The Work positiv beeinflusst.8
Nicht nur Therapeuten, sondern auch Lehrende können von den positiven Effekten von The Work profitieren. Die in einer Studie befragten Lehrer beschrieben durch die Praxis von The Work ein Gefühl der Zentriertheit sowie eine größere Fähigkeit, die Realität zu akzeptieren. Sie berichteten über eine höhere Flexibilität des Denkens und eine Stärkung des Selbstbewusstseins. Diese Verbesserungen unterstützten sie dabei, mit der Komplexität ihres Berufs besser umzugehen, was wiederum Burnout vorbeugen kann9. Eine weitere Studie untersuchte den Effekt von The Work auf das Wohlbefinden, die Resilienz und das Burnout von Lehrerinnen und Lehrern während der COVID-19-Pandemie. Die Ergebnisse zeigten eine signifikant positive Auswirkung auf alle drei Parameter, insbesondere auf das Burnout der Teilnehmenden10.
Zahlreiche Studien konnten die Wirksamkeit von The Work nach Byron Katie belegen. Durch das regelmäßige Praktizieren des Prozesses kann demnach das psychische und körperliche Wohlbefinden deutlich verbessert werden. The Work ist eine Methode zur Selbstreflexion und Selbsthilfe, die von jedem praktiziert werden kann, der an einer Perspektivenveränderung oder einer Verbesserung seines emotionalen Wohlbefindens interessiert ist. Es ist jedoch zu beachten, dass The Work keinen Ersatz für Psychotherapie darstellt. Bei Menschen, die unter psychischen Problemen leiden, kann The Work jedoch in Kombination mit Psychotherapie oder anderen Formen der medizinischen Behandlung nützlich sein, um zusätzliche Unterstützung zu bieten.
Fazit
In meinem zweiteiligen Blogbeitrag hast du einen umfassenden Einblick in den Prozess und die Wirksamkeit von The Work nach Byron Katie erhalten. Ich hoffe, dass du erste einschränkende Glaubenssätze für dich transformieren konntest.
Und wünsche dir nun viel Freude und Erfolg dabei, die neu gewonnenen Sichtweisen mithilfe deiner Living Turn-Arounds Stück für Stück immer mehr in dein Leben zu holen!
Quellen
1. Smernoff, E. / Mitnik, I. / Lev-ari, S. (2019). The effects of inquiry-based stress reduction (IBSR) on mental health and well-being among a non-clinical sample. Complementary Therapies in Clinical Practice, 34, 30–34.
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1744388117304851?via%3Dihub
2. Mitnik, I. / Lev-ari, S. (2015). The effects of” The Work” meditation technique on psychological scales among a non-clinical sample. Harefuah, 154, 16–20.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25796669/
3. Odiel van Rhijn, M. / Mitnik, I. / Lev-ari, S. (2015). Inquiry-based stress reduction: Another approach for questioning stressful thoughts and improving psychological well-being. Medical Research Archives, 2.
https://esmed.org/MRA/mra/article/view/191/176
4. Leufke, R. / Zilcha-Mano, S. / Feld, A. / Lev-Ari, S. (2013). Effects of „The Work” meditation on psychopathologic symptoms: A pilot study. Alternative and Complementary Therapies 19(3): 147-152
5. Landau, C. / Mitnik, I. / Cohen-Mansfield, J. / Tillinger, E. / Friedman, e. / Lev-Ari, S. (2016). Inquiry-based stress reduction (IBSR) meditation technique for BRCA1/2 mutation carriers – A qualitative study. European Journal of Integrative Medicine, 8, 958–964. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1876382016300348?via%3Dihub
6. Lev-Air, S. / Zilcha-Mano, S. / Rivo, L. / Geva, R. / Ron, I. (2013). A prospective pilot clinical trial of “The Work” meditation technique for survivors of breast cancer. European Journal of Integrative Medicine, 5, 487–494. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1876382013000887?via%3Dihub
7. France, N. F. / Macdonald, S. H. / Conroy, R. R. / Byrne, E. / Mallouris, C. / Hodgson, I. / Larkan, F. (2015). “An unspoken world of unspoken things”: A study identifying and exploring core beliefs underlying self-stigma among people living with HIV and AIDS in Ireland. Swiss Medical Weekly, 145, w14113. https://smw.ch/index.php/smw/article/view/2017
8. Luff, J., / Ledingham, M. (2017). Exploring Inquiry-Based Stress Reduction (IBSR) as a Counselling Intervention. International Conference on Education, Psychology, and Social Sciences (ICEPS). https://researchonline.nd.edu.au/sci_conference/15/
9. Schnaider-Levi, L. / Mitnik, I. / Zafrani, K. / Goldman, Z. / Lev-Ari, S. (2017). Inquiry‐Based Stress Reduction Meditation Technique for Teacher Burnout: A Qualitative Study. Mind, Brain and Education. 11, Issue 2, 75-84. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/mbe.12137
10. Zadok-Gurman, T. / Jakobovich, R. / Dvash, E. / Zafrani, K. / Rolnik, B. / Ganz, A. B. / Lev-Ari, S. (2021). Effect of Inquiry-Based Stress Reduction (IBSR) Intervention on Well-Being, Resilience and Burnout of Teachers during the COVID-19 Pandemic. International Journal of Environmental Research and Public Health, 18(7), 3689. https://www.mdpi.com/1660-4601/18/7/3689
0 Kommentare