Im letzten Blogartikel hast du den Grundprozess einer Voice-Dialogue-Sitzung kennengelernt. In diesem Artikel möchte ich den Prozess etwas erweitern, dir zusätzliche Übungen vorschlagen und auch ein paar konkrete Beispiele nennen. Bevor es losgeht, hier noch mal der Grundprozess als kurze Wiederholung:
Voice Dialogue: Grundprozess in Kurzform
1. Klärung des Anliegens und der beteiligten Selbste
Führe ein Gespräch über das Anliegen des Klienten. Achte auf Hinweise zu Hauptselbsten und möglichen verdrängten Selbsten. Stelle Fragen wie: „Welche Seiten in dir sind an diesem Thema beteiligt?“ oder „Welcher Teil von dir ist besonders stark in dieser Situation?“
2. Auswahl des Selbstes für den Dialog
Wähle ein dominantes oder für das Anliegen relevantes Selbst aus. Lade den Klienten ein: „Ich würde gerne mit dem Teil in dir sprechen, der [Beschreibung]. Wärst du bereit, diesem Teil eine Stimme zu geben?“
3. Positionswechsel in das ausgewählte Selbst
Bitte den Klienten, physisch den Platz zu wechseln und sich auf einen anderen Stuhl zu setzen. „Würdest du bitte auf diesen Stuhl wechseln und von dort aus als [Beschreibung] sprechen?“
4. Der Dialog mit einem Selbst
Führe ein direktes Gespräch mit dem Selbst, nicht über es. Sprich es direkt an: „Hallo [Name], danke, dass du da bist.“ Stelle respektvolle Fragen zu seiner Aufgabe, Funktion und seinen Bedürfnissen. Achte beim Klienten auf Veränderungen in Körperhaltung, Stimme und energetischer Qualität.
Beende das Gespräch respektvoll: „Vielen Dank für dieses Gespräch und deine Offenheit. Gibt es noch etwas Wichtiges, das du sagen möchtest?“
5. Reflexion und Integration
Bitte den Klienten, auf seinen ursprünglichen Platz zurückzukehren. Gib ihm Zeit, sich von der Identifikation mit der Teilpersönlichkeit zu lösen und das Vorherige zu reflektieren. Du kannst von hier nochmal zu Schritt 3 zurückkehren, mit Schritt 6 weitermachen, zu Schritt 8 übergehen, oder den Prozess beenden.
6. Dialog mit der Gegenstimme (optional)
Führe bei Bedarf einen Dialog mit der gegensätzlichen Teilpersönlichkeit, um die innere Dynamik vollständiger zu verstehen und Balance zu fördern. Ähnlich wie in Schritt 3, nur diesmal mit der Position der Gegenstimme.
7. Reflektion und Integration
Siehe Schritt 5.
8. Entwicklung des Bewussten Ichs
In fortgeschrittenen Sitzungen kann der Klient eine weitere Position einnehmen, von der aus er seine Teilpersönlichkeiten wahrnehmen kann, ohne mit einer identifiziert zu sein. Das Bewusste Ich entsteht als geschenkter Augenblick der Klarheit, Ruhe und Weite.
9. Abschlussreflexion und Integration
Bitte den Klienten, auf seinen ursprünglichen Platz zurückzukehren. Gib ihm Zeit, das in dieser Sitzung Geschehene zu reflektieren.
Zwei Varianten
Ich möchte dir im Folgenden zwei kleine Abwandlungen des Grundprozesses, in Bezug auf die Auswahl der Orte für die Anteile, vorstellen.
- Der Klient kann, falls nicht genügend andere Plätze im Raum vorhanden sind, einfach ein kleines Stück auf einem Stuhl oder Sofa zur Seite rücken (es genügen oft wenige Zentimeter), damit er an den Platz eines anderen Selbstes rückt.
- Eine andere, oft kraftvollere Variante besteht darin, den Klienten die Orte für die Selbste im Raum intuitiv wählen zu lassen, statt sie vorzugeben. Wählen wir diese zweite Variante, so hat dies einige Vorteile. Wir bekommen aus der Wahl der Orte Informationen über den Ausgangszustand. Und wir können am Ende fragen, ob die Plätze noch so stimmig sind. Oft sind sie es nicht und durch eine Neuanordnung ergibt sich dann ein harmonischeres Gesamtbild.
Übungen zur Identifikation von Teilpersönlichkeiten
Als nächstes möchte ich dir ein paar weitere Übungen zur Unterstützung des Voice Dialogue-Prozesses vorstellen.
Übung 1: Tagebuch der Stimmen (Journaling)
Ziel: Förderung der Selbstbeobachtung und Sensibilisierung für die verschiedenen inneren Stimmen im Alltag.
Diese Übung eignet sich hervorragend als Vorbereitung in Eigenarbeit für tiefergehende Voice Dialogue-Sitzungen und fördert die Fähigkeit zur Selbstreflexion.
Durchführung:
- Der Klient führt über einen Zeitraum von 1-2 Wochen ein spezielles Tagebuch. Darin notiert er Situationen, in denen er innere Dialoge, Konflikte oder starke emotionale Reaktionen erlebt.
- Für jede Situation identifiziert er die beteiligten Teilpersönlichkeiten und notiert deren typische Aussagen, Gefühle und Körperempfindungen.
- Am Ende des Beobachtungszeitraums werden wiederkehrende Muster identifiziert und reflektiert.
Übung 2: Innere Team-Aufstellung
Ziel: Bewusstmachung der verschiedenen Teilpersönlichkeiten und ihrer Beziehungen zueinander.
Diese Übung kann als Aufgabe zur Vorbereitung einer Sitzung oder zu Beginn einer Sitzung durchgeführt werden.
Durchführung:
- Bitte den Klienten, auf einem großen Blatt Papier ein bestimmten Thema zu schreiben (z. B. Beziehung, Beruf, Gesundheit, eine bestimmte Entscheidungssituation, …) und dem ganzen einen Rahmen zu zeichnen, mit Platz für die verschiedenen Anteile zu diesem Thema. So wird im Folgenden auf diesem Blatt sein “inneres Team” zu diesem Thema repräsentiert. (Dies kann sich zu Beginn noch ganz und gar nicht wie ein Team anfühlen.)
- Lasse ihn seine verschiedenen Teilpersönlichkeiten zu dem Thema identifizieren und ihre charakteristische Eigenschaften, Ziele, typischen Aussagen und Gefühle auf dem Blatt notieren. (Es kann hilfreich sein, für verschiedene Anteile verschiedene Farben zu nutzen.)
- Anschließend bekommt jeder Anteil einen Rahmen. Dieser kann, je nach Anteil, sehr unterschiedlich aussehen (Rund, eckig, dünn, breit…).
- Die Beziehungen zwischen den Teilpersönlichkeiten werden nun noch durch Pfeile dargestellt. (Das können sehr viele Linien werden, daher ist es sinnvoll, bei dieser Methode mit höchstens 6 Anteilen zu arbeiten..)
- Pfeil mit gestrichelter Linie: kennt den anderen Teil nicht
- Pfeil mit durchgezogener Linie: kennt und mag den anderen Teil
- Pfeil mit gezackter Linie: mag den Teil nicht
- Abschließend reflektiert der Klient über sein Bild und identifiziert, welche dieser Teilpersönlichkeiten in seinem Leben dominant sind und welche eher im Hintergrund stehen.
- Hier kann nun eine Voice Dialogue-Sitzung anschließen.
Anmerkung: Du kannst diese Übung auch mit Symbolen oder Figuren, die du auf eine Fläche stellst, durchführen. Dann legst du vor oder unter jede Figur einen kleinen Zettel mit den Eigenschaften, Zielen, typischen Aussagen und Gefühlen. Der Vorteil eines gemalten Zettels ist, dass man ihn leicht transportieren und zu einer Sitzung mitbringen kann. Der Vorteil von Figuren dagegen besteht darin, dass man sie bei einer Veränderung neu anordnen kann.
Übungen zur persönlichen Entwicklung mit Voice Dialogue
Übung 3: Ressourcen-Aktivierung durch Dialog mit dem “Weisen Selbst”
Ziel: Zugang zu innerer Weisheit und Ressourcen schaffen.
Diese Übung ist besonders wertvoll in Phasen der Entscheidungsfindung oder wenn der Klient in polarisierenden Denkmustern gefangen ist.
Durchführung:
- Lade den Klienten ein, eine Position für sein “Weises Selbst” oder seinen “Inneren Ratgeber” zu finden – jenen Teil, der aus einer übergeordneten Perspektive auf Lebensfragen blicken kann.
- Führe einen Dialog mit diesem Teil, wobei der Fokus auf Fragen liegt wie:
- “Welche Sichtweise hast du auf die aktuelle Herausforderung?”
- “Was würdest du [Name des Klienten] raten?”
- “Welche Ressourcen siehst du in [Name des Klienten], die ihm helfen könnten?”
- Achte besonders auf die Qualität der Antworten. Sie unterscheiden sich oft deutlich von den gewohnten Gedankenmustern des Klienten und bringen neue Perspektiven ein.
- Reflexion aus der Position des Klienten.
Zwei Anwendungsbeispiele
Arbeit mit inneren Konflikten
Innere Konflikte entstehen, wenn verschiedene Teilpersönlichkeiten unterschiedliche, oft gegensätzliche Bedürfnisse, Wünsche, Strategien oder Überzeugungen haben. Voice Dialogue bietet einen einzigartigen Zugang zu solchen Konflikten, indem es die dahinterliegenden Teilpersönlichkeiten direkt zu Wort kommen lässt.
Die Dynamik innerer Konflikte verstehen
Hier ein paar typische Konfliktmuster, die mit Voice Dialogue bearbeitet werden können:
- Der Perfektionskonflikt: Der Perfektionist vs. der Entspannte/Genießer
- Perfektionist: “Alles muss fehlerfrei sein, sonst ist es wertlos.”
- Entspannter: “Es ist gut genug so wie es ist. Das Leben ist zu kurz für Perfektionismus.”
- Der Beziehungskonflikt: Der Bindungsorientierte vs. der Autonome
- Bindungsorientierter: “Ich brauche Nähe und tiefe Verbindung.”
- Autonomer: “Ich brauche meinen eigenen Raum und meine Freiheit.”
- Der Gefühlskonflikt: Der Rationale vs. der Emotionale
- Rationaler: “Gefühle sind störend und behindern klares Denken.”
- Emotionaler: “Ohne Gefühle ist das Leben leer und bedeutungslos.”
- Der Verantwortungskonflikt: Der Pflichtbewusste vs. das Innere Kind
- Pflichtbewusster: “Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.”
- Inneres Kind: “Ich will spielen und Spaß haben, jetzt sofort!”
Methodik zur Konfliktarbeit mit Voice Dialogue
Führe gemäß dem Grundprozess einen wohlwollenden, fragenden Dialog mit jeder der beteiligten Teilpersönlichkeiten. Lasse jede Seite ihre Perspektive, Bedürfnisse und Befürchtungen ausdrücken. Vermeide Parteinahme für eine der Seiten. Wichtig hierbei ist das Aufdecken von Gemeinsamkeiten und tieferliegenden Zielen. Arbeite also heraus, welche grundlegenden Ziele oder Absichten hinter den scheinbar gegensätzlichen Positionen stehen. Oft verfolgen verschiedene Teilpersönlichkeiten ähnliche übergeordnete Ziele (z.B. Schutz, Wertschätzung, Sicherheit), nutzen aber unterschiedliche Strategien.
Fallbeispiel 1: Entscheidungskonflikt
Ausgangssituation: Eine 35-jährige Klientin steht vor der Entscheidung, ob sie ein attraktives Jobangebot in einer anderen Stadt annehmen soll. Sie fühlt sich hin- und hergerissen zwischen Karrierechancen und sozialer Sicherheit.
Vorgehen:
- Im Erstgespräch werden zwei zentrale Teilpersönlichkeiten identifiziert: die “Karrierefrau” und die “Beziehungspflegerin”.
- Ein Dialog mit der “Karrierefrau” zeigt deren Begeisterung für neue Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten. Sie fürchtet Stagnation und das Gefühl, Chancen verpasst zu haben. Sie möchte, dass die Klientin erfolgreich und glücklich ist.
- Ein Dialog mit der “Beziehungspflegerin” offenbart die Sorge um bestehende Freundschaften und familiäre Bindungen. Sie fürchtet Einsamkeit und den Verlust wichtiger sozialer Kontakte. Sie möchte, dass die Klientin erfüllte Beziehungen lebt und glücklich ist.
- In der Integration wird deutlich, dass beide Teile das Wohlbefinden der Klientin wollen, aber unterschiedliche Aspekte davon betonen, die sie jedoch gegenseitig anerkennen können.
- Aus der Position des Bewussten Ichs entwickelt die Klientin eine differenziertere Sichtweise. Sie muss sich nicht mehr für die Sichtweise eines Anteils entscheiden.
- Letztlich findet sie für sich heraus: Sie kann das Jobangebot annehmen und gleichzeitig gezielt in den Erhalt wichtiger Beziehungen investieren (regelmäßige Besuche, digitale Kommunikation, neue soziale Kontakte am neuen Ort).
Voice Dialogue in der persönlichen Entwicklung
Über die Konfliktarbeit hinaus bietet Voice Dialogue wertvolle Ansätze für die persönliche Entwicklung und Selbstverwirklichung.
Der Prozess der Disidentifikation und Integration
Ein zentrales Entwicklungsziel im Voice Dialogue ist die Fähigkeit zur Disidentifikation – das Erkennen, dass “ich mehr bin als meine Teilpersönlichkeiten”. Dieser Prozess umfasst mehrere Stufen:
- Erkennen der Hauptselbste:
- Bewusstmachen, mit welchen Teilpersönlichkeiten wir uns hauptsächlich identifizieren.
- Verstehen, wie diese unsere Wahrnehmung und unser Verhalten prägen.
- Entdecken der verbannten Selbste:
- Kontakt mit jenen Teilpersönlichkeiten aufnehmen, die wir unterdrückt oder verleugnet haben.
- Verstehen, welche Qualitäten und Ressourcen uns dadurch bisher nicht zugänglich sind.
- Disidentifikation von den primären Selbsten:
- Erkennen, dass wir nicht identisch sind mit unseren bevorzugten Teilpersönlichkeiten.
- Entwicklung der Fähigkeit, einen Schritt zurückzutreten und die verschiedenen Stimmen wahrzunehmen.
- Integration der Polaritäten:
- Verbindung von Gegensätzen, ohne eine Seite zu unterdrücken oder zu idealisieren.
- Entwicklung der Fähigkeit, verschiedene, auch gegensätzliche Persönlichkeitsanteile situationsgerecht einzusetzen.
Entwicklung des Bewussten Ichs
Das Bewusste Ich stellt keine statische Errungenschaft dar, sondern, wie die Entwickler von Voice Dialogue, Hal und Sidra Stone immer wieder betonen, einen fortlaufenden Prozess. Seine Entwicklung kann durch folgende Übungen gefördert werden:
- Bewusste Beobachtung der inneren Dynamik:
- Regelmäßige Selbstreflexion: “Welcher Teil spricht gerade durch mich?”
- Journaling-Übungen zur Identifikation wiederkehrender Muster.
- Energetisches Halten der Gegensätze:
- Übungen, bei denen der Klient physisch zwischen verschiedenen Positionen im Raum wechselt und lernt, die Energie beider Pole gleichzeitig wahrzunehmen.
- Visualisierungsübungen, bei denen gegensätzliche Teilpersönlichkeiten imaginär “in beiden Händen gehalten” werden.
- Integration durch kreative Medien:
- Malen, Schreiben oder Gestalten als Ausdruck verschiedener Teilpersönlichkeiten.
- Kreative Dialoge zwischen verschiedenen Teilen.
Fallbeispiel 2: Persönlichkeitsentwicklung durch Integration verbannter Selbste
Ausgangssituation: Ein 42-jähriger Klient, erfolgreicher Manager, leidet unter Erschöpfungssymptomen und dem Gefühl innerer Leere trotz beruflicher Erfolge.
Vorgehen:
- Die Arbeit mit Voice Dialogue zeigt ein stark ausgeprägtes primäres Selbst: den “Leistungsträger”, der Wert und Anerkennung ausschließlich über Erfolg und Produktivität definiert.
- Im Laufe mehrerer Sitzungen werden verschiedene verbannte Selbste entdeckt, insbesondere der “Genießer” und der “Verletzliche”.
- Der Dialog mit dem “Genießer” eröffnet dem Klienten Zugang zu unterdrückten Bedürfnissen nach Muße, Kreativität und sinnlichem Erleben.
- Die Begegnung mit dem “Verletzlichen” ermöglicht es dem Klienten, lange ignorierte Gefühle von Trauer und Überforderung wahrzunehmen und zu akzeptieren.
- Durch die Integration dieser Anteile entwickelt der Klient ein ausgewogeneres Selbstbild und die Fähigkeit, neben beruflichem Erfolg auch andere Aspekte des Lebens wertzuschätzen.
- Konkrete Veränderungen im Alltag folgen: bewusste Auszeiten, Wiederaufnahme kreativer Hobbys, authentischere Kommunikation in Beziehungen.
Die Förderung von Authentizität und Selbstakzeptanz
Ein wichtiger Aspekt der persönlichen Entwicklung durch Voice Dialogue ist die zunehmende Fähigkeit zu authentischem Selbstausdruck und Selbstakzeptanz:
- Erweiterung des Selbstbildes:
- Integration “unerwünschter” oder “beschämender” Anteile in das Selbstbild.
- Akzeptanz und Integration der eigenen Vielschichtigkeit und (scheinbaren) Widersprüchlichkeit.
- Zunahme an Wahlfreiheit:
- Fähigkeit, zwischen verschiedenen Anteilen flexibel zu wechseln.
- Bewusstere Entscheidungen darüber, welcher Teil in welcher Situation zum Ausdruck kommen darf.
- Verringerung innerer Kämpfe:
- Abnahme selbstkritischer und selbstablehnender Tendenzen.
- Mehr innerer Frieden durch Akzeptanz unterschiedlicher Bedürfnisse und Impulse.
Die durch Voice Dialogue geförderte persönliche Entwicklung führt nicht zu einem “perfekten” oder konfliktfreien Zustand, sondern zu einer reicheren, flexibleren und authentischeren Beziehung zu sich selbst und anderen.
Beispielfragen für die Erforschung verschiedener Selbstanteile
Diese Sammlung bietet dir hilfreiche Fragen für die Arbeit mit verschiedenen Arten von Selbsten.
Fragensammlung: Tiefenexploration verschiedener Selbstanteile
Allgemeine Einstiegsfragen für jeden Anteil:
- „Wie soll ich dich nennen?“
- „Wie alt bist du? Seit wann bist du da?“
- „Was ist deine Hauptaufgabe oder -funktion?“
- „Was ist dir besonders wichtig?“
- „Wie fühlst du dich gerade hier?“
Fragen für primäre/dominante Anteile:
- „Wie sorgst du dafür, dass [Name des Klienten] funktioniert/erfolgreich ist/geliebt wird?“
- „Was würde passieren, wenn du nicht so hart arbeiten würdest?“
- „Welche anderen Anteile hältst du unter Kontrolle oder im Zaum?“
- „Was befürchtest du, wenn du die Kontrolle abgeben würdest?“
- „Wer hat dir beigebracht, dass du so sein musst?“
- „Was brauchst du, um dich sicherer zu fühlen?“
Fragen für unterdrückte/abgelehnte Anteile:
- „Wie ist es für dich, endlich gehört zu werden?“
- „Wann wurdest du zum ersten Mal zum Schweigen gebracht?“
- „Was würdest du gerne ausdrücken oder tun dürfen?“
- „Welche Bedürfnisse von dir werden nicht erfüllt?“
- „Wie machst du dich bemerkbar, wenn du ignoriert wirst?“
- „Was würde [Name des Klienten] gewinnen, wenn er dir mehr Raum geben würde?“
Fragen für schützende/beschützende Anteile:
- „Wovor genau versuchst du [Name des Klienten] zu schützen?“
- „Was ist das Schlimmste, das passieren könnte, wenn du nicht aufpassen würdest?“
- „Wann hast du angefangen, diese Schutzfunktion zu übernehmen?“
- „Welche Anzeichen oder Trigger lassen dich aktiv werden?“
- „Was würde dir helfen, etwas entspannter zu sein?“
- „Wie könntest du [Name des Klienten] auf weniger anstrengende Weise schützen?“
Fragen für kritische Anteile:
- „Was versuchst du, durch deine Kritik zu erreichen?“
- „Wovor willst du [Name des Klienten] bewahren?“
- „Wessen Stimme sprichst du eigentlich? Wer hat diese Maßstäbe gesetzt?“
- „Was würde passieren, wenn du milder und unterstützender wärst?“
- „Was bräuchtest du, um weniger streng sein zu müssen?“
- „Gibt es auch Dinge, die du an [Name des Klienten] schätzt? Welche?“
Fragen für kindliche Anteile:
- „Wie alt fühlst du dich?“
- „Was brauchst du am meisten?“
- „Was macht dir Angst?“
- „Was macht dich glücklich oder lässt dich lachen?“
- „Wer hat sich um dich gekümmert? Wer hat dich verstanden?“
- „Was würde dir helfen, dich sicherer zu fühlen?“
Fragen für Ressourcen-Anteile:
- „Wie unterstützt du [Name des Klienten]?“
- „Wann darfst du zum Vorschein kommen und wann nicht?“
- „Was könntest du noch mehr beitragen, wenn du mehr Raum hättest?“
- „Wie könntest du mit [anderen relevanten Anteilen] zusammenarbeiten?“
- „Was brauchst du, um stärker präsent sein zu können?“
- „Welche Botschaft möchtest du [Name des Klienten] mitgeben?“
Fragen zur Beziehung zwischen Anteilen:
- „Wie stehst du zu [anderer Anteil]?“
- „Was denkst du über die Arbeit/Funktion von [anderer Anteil]?“
- „Gibt es etwas, was du [anderem Anteil] sagen möchtest?“
- „Wie könntet ihr besser zusammenarbeiten?“
- „Was bräuchtest du von [anderem Anteil], um dich sicherer zu fühlen?“
- „Gibt es eine Möglichkeit zusammenzuarbeiten?“
Fazit
Voice Dialogue eröffnet einen einzigartigen Zugang zu der Vielschichtigkeit unserer Persönlichkeit. Statt unsere inneren Widersprüche als Probleme zu betrachten, lädt uns diese Methode ein, sie als verschiedene Facetten unseres Menschseins zu betrachten. Und vielleicht hast du ja Lust, einmal die Übung der inneren Team-Aufstellung zu einem Thema in deinem Leben auf einem Blatt Papier zu machen und danach mit den Anteilen in Kontakt zu gehen.
Die in diesem Artikel vorgestellten Übungen und Fallbeispiele können dabei helfen, durch bewusste Dialogführung mit unseren Teilpersönlichkeiten zu mehr Selbstverständnis, innerer Balance und authentischen Entscheidungen zu finden. Und darüber hinaus zu verstehen: Wir sind nicht identisch mit unseren stärksten oder lautesten inneren Stimmen.
Jede Lebensphase bringt neue Herausforderungen mit sich, die andere Anteile aktivieren oder bisher verborgene Selbste zum Vorschein bringen können. Ob in der therapeutischen Arbeit, im Coaching oder in der Selbstreflexion – Voice Dialogue bietet uns einen praktischen und gleichzeitig tiefgreifenden Weg, unsere innere Welt zu erforschen und zu erweitern. Es lädt uns ein, zu einer Reise, die nie wirklich endet: Die Entdeckung und die Integration der vielen Gesichter unseres Menschseins.
Vielleicht haben diese beiden Artikel dazu beigetragen, dass du, aus einer wahrnehmenden Position heraus, deinen inneren Stimmen zuhören magst. Zu Beginn vielleicht skeptisch, doch dann immer mehr liebevoll wahrnehmend, nicht als Richter, sondern als der, der du wirklich bist – hinter all den Anteilen: ein Bewusstes Ich.
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