Die Satir Kategorien – Ein kongruentes Leben gestalten

von | 6. Okt 2020

Stell dir vor, während du heute Nacht schläfst, geschieht ein Wunder. Und dieses Wunder bewirkt, dass alle Menschen auf dieser Welt eine kongruente Lebensweise erlernt haben. Woran wirst du erkennen, dass ein Wunder geschehen ist? Was wird dann anders sein?

Wer in Stresssituationen immer wieder in dieselben Muster verfällt, zeigt, der bekannten Familientherapeutin Virginia Satir nach, ein Zeichen für ein geringes Selbstwertgefühl. Er zeigt dieses Muster, um seinen Selbstwert zu schützen und damit lebt er inkongruent – nicht in Einklang mit sich selbst. Um Reaktionsmustern auf den Grund zu gehen, hat Virginia Satir 5 Kategorien (die Satir Kategorien) differenziert. Jede dieser Kompensationsstrategien zeichnet eine spezifische Körperhaltung, Gestik, Gefühle und Syntax aus. Am deutlichsten zeigt sich das entsprechende Verhalten in stress- und konfliktreichen Situationen, wenn der eigene Selbstwert potenziell infrage gestellt wird. Daher werden die Satir-Kategorien auch „Stressmuster“ genannt.

Die Reaktionsmuster dienen der Vermeidung des Wiedererlebens negativer Erfahrungen und Gefühle – vor allem aus der Kindheit. Und dabei sind sie, einseitig angewendet, alles andere als hilfreich und führen dazu, dass sich Konflikte zuspitzen und wir inkongruent kommunizieren, sich Gespräche emotional aufladen und wir die falschen Entscheidungen treffen. Da diese Muster bereits im Stammhirn angelegt sind, haben sie alle Menchen zu Verfügung und im Optimalfall, nutzen wir sie flexibel und situationsadäquat. Diese Fähigkeit verlieren wir allerdings oft, wenn wir Stress erleben – dann gehen wir oft einseitig in unser „Lieblingsmuster“, dessen Weg, wie gesagt, bereits in der frühen Kindhehiet gebahnt wird. Aber wie wäre es, wenn wir, anstatt in eines dieser Muster zurückzufallen, situationsangemessen und flexibel reagieren könnten? Wenn wir uns unseres eigenen Wertes zu jeder Zeit bewusst wären? Dies ist der kongruente Weg, der auf diese vier Verhaltensmuster, die urspünglich für existenzielle Notsituationen gedacht waren, verzichtet. Dann würden wir kongruent kommunizieren und unsere Bedürfnisse und die anderer Menschen anerkennen.

Das Wissen über die 5 Satir Typen hilft dir, in Konfliktsituationen, deine eigenen Reaktionsmuster und die anderer Menschen zu erkennen, zu reflektieren und zu verändern. Doch das Beste ist, bei sich selber zu beginnen. In diesem Artikel lernst du:

  • Welche 5 Kategorien Virginia Satir unterscheidet
  • Warum es so wichtig ist, die eigenen Muster zu erkennen
  • Was jeden Typen auszeichnet
  • Und wozu du das Modell für dich selbst und im Coaching nutzen kannst

Welche sind die Satir Kategorien?

Die Satir Kategorien sind eine Klassifikation von inneren und äußeren Verhaltensstereotypien und ihrer Kommunikationsmuster. Es ist ein Kommunikations-Modell, das auch ins NLP eingeflossen ist. Ausführlich werden sie in Virginia Satirs Buch „Kommunikation – Selbstwert – Kongruenz“ beschrieben.

Die fünf Satir Kategorien sind: der Beschwichtiger, der Ankläger, der Rationalisierer, der Ablenker und der Kongruente. Die ersten vier Typen sind Beispiele für eine inkongruente Kommunikation. Sie werden auch als „Stresspositionen“ bezeichnet. Sie zeigen, wie Menschen in der Kommunikation ihren Selbstwert schützen, wenn sie ihn als bedroht ansehen. Im Folgenden wird beschrieben, woran du jeden Typen erkennen kannst und worin er sich auszeichnet.

1. Der Beschwichtiger (Placater)

Der Beschwichtiger versucht in Stress- und Konfliktsituationen gegenseitiges Verständnis und Harmonie herzustellen. Es möchte anderen gefallen und daher ist seine Sprache größtenteils unterwürfig bzw. bestätigt andere mit Sätzen wie „Damit hast du völlig recht.“  Der Beschwichtiger spricht leise, vielleicht weinerlich und „piepsig“ und nutzt in seiner Sprache viele Einschränkungen („ja, aber …“) und Konjunktive (hätte, würde, sollte). Er glaubt, dass er jeden glücklich machen muss, um geliebt zu werden. Durch die Bestätigung anderer versucht er seinen Selbstwert zu steigern. Mit seinem Verhalten missachtet der Beschwichtiger aber sich selbst („Ich mache immer alles falsch“) und stellt die Bedürfnisse aller anderen Menschen in den Mittelpunkt. Es fällt ihm schwer unabhängig eigene Entscheidungen zu treffen.

Körperhaltung: Kniend und Kopf stark nach oben gerichtet oder gebeugt, die Hand bittend nach vorne gerichtet. „Ich bin hilflos.“

Beschwichtigen ist etwas anderes, als jemandem kongruent eine Freude machen zu wollen. Wenn du in die Rolle des Beschwichtigers gehst, dann tust du das auf Kosten deines eigenen Selbstwertes und drückst aus, dass du nicht wichtig bist.

Der Beschwichtiger

Der Beschwichtiger

2. Der Ankläger (Blamer)

Der Ankläger hingegen verhält sich angriffslustig und verletzend. Er sucht nach Fehlern, missachtet andere und klagt sie in Stresssituationen an: „Du machst nie etwas richtig.“ Dabei spricht er meist laut und diese verbale Anspannung zeigt sich auch in der Körperhaltung. In seiner Sprache findet man viele Generalisierungen, unterstellte Kausalzusammenhänge und negierte Fragestellungen („Warum machst du das nicht?“). Der Ankläger ist der Meinung, dass er auf diese Art kommunizieren muss, damit überhaupt etwas passiert und er versucht seinen Selbstwert zu schützen, indem er anderen die Schuld gibt und seine eigene Gewichtigkeit hervorhebt.

Körperhaltung: Angespannt, flacher, gepresster Atem, nach vorne zeigend, anklagend. „Ich bin der Chef hier.“

Der Ankläger

Der Ankläger

3. Der Rationalisierer (Computer)

Der Rationalisierer begibt sich auf die Metaebene, um vermeintlich rationale Lösungen in Konflikten zu finden („aus rationaler Sicht betrachtet…“). Er erscheint sehr vernünftig und korrekt, zeigt aber keinerlei Gefühle und wirkt so emotionslos und gefühlskalt. Er verhält sich ruhig und scheint sehr bei sich und der Sache zu sein. Seine Stimme ist trocken und die Stimmlage monoton. Der Rationalisierer denkt, er müsse beweisen, wie klug er ist und dass Logik und Intellekt zur Lösung beitragen. Damit missachtet er oft seine eigenen und die Bedürfnisse anderer.

Körperhaltung: Unbewegt, steif, gespannt, reaktionsarm. „Ich bin ruhig, kühl und gesammelt.“

Rationalisierer Satir

Der Rationalisierer

4. Der Ablenker (Distractor)

Auch der Ablenker zeigt im System, dass etwas nicht stimmt, trägt aber nichts zur wirklichen Lösung bei. Er vermeidet das eigentliche Thema und bietet ständig andere Themen an („Da fällt mir nichts ein, oder – halt, warten Sie – gestern begegnete mir ein Schauspieler, der wusste auch nicht ….“). Er spricht und bewegt sich schnell und versucht mit seinem Verhalten um jeden Preis die Aufmerksamkeit zu bekommen bzw. die Aufmerksamkeit der anderen von den eigentlich zur Diskussion stehenden Themen abzulenken. Seine Bewegungen wirken oft unkoordiniert. Der Ablenker missachtet mit seinem Auftreten und Verhalten sich selbst, andere und den ganzen Kontext.

Körperhaltung: In ständiger Bewegung, unkoordiniert wirkende Bewegungen.

Ablenker Satir

Der Ablenker

5. Der Kongruente

Der 5. Persönlichkeitstyp wird als kongruenter Typ bezeichnet. Er ist das Ideal, an das wir uns durch stetige Persönlichkeitsentwicklung annähern können. Wenn wir uns kongruent verhalten, senden wir auf allen Kommunikationskanälen übereinstimmende Botschaften. Aber vor allem ist er mit einen tiefen Selbst verbunden (nicht dem verletzten Persölichkeitsanteil), und das, was er sagt, steht im Einklang mit dem, was er fühlt (in der Transaktionsanalyse entspricht dieses Muster der Haltung „Ich bin ok – du bist ok“). Er handelt auch unter Stress situationsangemessen und flexibel. Er ist sich dem eigenen Selbstwert und dem Wert anderer Menschen bewusst, deswegen hat er im Gegensatz zu den anderen 4 Klassifikationen auch keine Angst vor Verletzungen in Stress- und Konfliktsituationen. Eine seiner Grundannahmen ist, dass jeder Mensch für sich selbst sprechen und handeln kann. Es ist wünschenswert, kongruent in Stress- und Konfliktsituationen zu reagieren, denn nur so ist es möglich, die eigenen Bedürfnisse und die anderer Menschen zu respektieren und diese als wertvoll zu erachten.

In der Realität findet man oft Mischformen aus den verschiedenen Kategorien vor. Doch gerade in Stresssituationen bevorzugen Menschen meist eine der Kategorien und zeigen einen Großteil der Zeit ebendiese Merkmale. Auch hilft uns Wissen über die verschiedenen Kategorien, Vermutungen über die Gefühlslage von Menschen, die diese Stressmuster zeigen, anzustellen – und damit uns selber oder ihnen eher das geben zu können, was sie benötigen.

Im Ergebnis ist der Einsatz der ersten vier Kommunikationsmuster entwicklungshemmend und der verletzte Selbstwert wird nicht geheilt, sondern nur abgeschirmt. Die Kommunikation ist unklar und inkongruent. Die ersten 4 Muster sind daher auch stärker auf Unterstützung aus dem Umfeld angewiesen.

Rationalisierer Satir

Der Kongruente

 

Video: Virginia Satir erklärt die Arten der dysfunktionalen Kommunikation

In dem folgenden Video erklärt Virginia Satir ihr Modell verschiedener Arten von dysfunktionaler Kommunikation in Beziehungen:

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Die Satir-Kategorien in der Selbstanwendung

Um herauszufinden, welche der Reaktionsmuster dir vertrauter sind – in welches Muster du dich leichter und in welche du dich schwerer hineinversetzen kannst – möchten wir dich zu der folgenden kurzen Selbstreflektionsübung einladen. Nimm dir dazu circa eine Minute Zeit und die oben beschrieben Rollen ein und beobachte einfach die Gefühle, die sich währenddessen bei dir einstellen.

  • Welche Rollen kannst du leicht einnehmen?
  • Welche fallen dir schwerer?

Menschen, die eher zum. „Beschwichtiger“ neigen, haben oft Mühe sich in die Rolle des Anklägers hineinzuversetzen und umgekehrt. Wenn du dies bei dir bemerkst, dann liegt eine große Entwicklungschance für dich in der Übernahme der Ressourcen der anderen Kategorie, dennn jedes Muster hat auch Ressourcen.

  • Zu welchen Mustern neigst du, wenn du in Stress oder Konfliktsituationen gerätst?
  • Welche Ursachen vermutest du hinter diesen Reaktionsmustern?
  • Welche alternativen Verhaltensweisen sind stattdessen wünschenswert? Wie möchtest du dich in Zukunft verhalten und was brauchst du dazu?
  • Welche Verhaltensweisen würden mehr mit dem im Einklang stehen, was du wirklich fühlst? (Kongruenz)

Laut Virginia Satir ähneln sich die negativen Situationen, aus denen heraus sich die verschiedenen Satir Kategorien entwickeln, stark. Dieses Wissen stellt für dich selbst und auch für den Coachingprozess in deiner Arbeit als Coach einen großen Mehrwert dar, denn so lassen sich Rückschlüsse auf mögliche Kernthemen und „Triggerpunkte“ ziehen. In welches Muster dein Klient verfällt, lässt Rückschlüsse auf die größten Entwicklungspotenziale zu. Es kann für Gruppen außerdem eine lehrreiche Erfahrung sein, einmal bewusst die verschiedenen Typen einzunehmen und dann z.B. ein Streitgespräch zu spielen.

Im NLP wird dir der Begriff „Kongruenz“ häufig begegnen, nicht nur bei den Satir Kategorien. Du kannst im Logical Level Alignment lernen, wie du ein Ziel kongruent über die logischen Ebenen hinweg verfolgst, wie du über die Arbeit mit inneren Anteilen zu mehr Kongruenz kommen kannst oder die Werte lebst, die für dich zu einem Leben beitragen, das dich glücklich und erfüllt macht. Wenn du mehr über die Anwendungsfelder erfahren möchtest, dann kontaktiere uns gern. Und natürlich würden wir uns sehr freuen, dich in einer unserer NLP-Ausbildung zu sehen. Wir hoffen du konntest aus diesem Artikel über die Satir Kategorien von Virginia Satir etwas Wertvolles für dich mitnehmen – sei es für die Arbeit mit dir selbst, für die Coachingpraxis oder für deine Arbeit als Trainer, Pädagoge oder Berater. Hinterlasse uns doch dein Feedback zum Artikel in den Kommentaren auf dieser Seite.

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