States und Physiologie

Welchen Einfluss hat unsere Körperhaltung?

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Unsere inneren Zustände zeigen sich durch unsere Physiologie. Aus dem äußeren Ausdruck auf die inneren Zustände schließen zu können, ist eine wichtige Fähigkeit für Kommunikation und Veränderungsarbeit.

States und Physiologie im NLP

Wenn wir über Dinge nachdenken oder irgendetwas machen, befinden wir uns in bestimmten Zuständen. Je nachdem worüber wir nachdenken, sind wir z.B. „gut“ oder „schlecht“ drauf. Es ist uns anzusehen und anzuhören, wie es uns geht. Unser Befinden spiegelt sich in unserer Körperhaltung und der Tonalität unserer Stimme wider. Das, was wir von außen genau beobachten können, also sehen (Haltung des Körpers) und hören (Stimmlage), nennen wir im NLP Physiologie.

Denken wir über ein Problem nach, so erleben wir dieses Problem am ganzen Körper und sind in einer sogenannten Problemphysiologie. Interessanterweise sind wir, wenn wir uns in einer bestimmten Physiologie befinden, nahezu amnestisch für alle anderen Zustände und die damit verbundenen Erfahrungen. Ist unser Denken auf ein Problem fixiert, so wird es uns schwerfallen, uns bewusst zu werden, was für ein toller Mensch wir sind und wie viele Probleme wir schon gelöst haben. Umgekehrt haben wir in einem Zustand von Freude oder Euphorie kaum Zugang zu schlechten Zuständen.

Unser Zustand ist an eine Physiologie geknüpft! Wollen wir gezielt in einen anderen Zustand kommen, so sollten wir unsere Physiologie ändern und andersherum wird sich unsere Physiologie ändern, wenn sich unser Zustand verändert. Als Coach und als kommunizierender Mensch, sollten wir uns dieser Tatsache bewusst sein und in der Kommunikation darauf achten, in welchem Zustand sich der oder die Andere befindet. Ziel eines Coachings ist es, dass der Klient in einem ressourcevollen (z.B. selbstbewussten oder gelassenen) Zustand ist, wenn er über das nachdenkt, was zu Beginn der Sitzung noch ein Problem war.

Schon so eine Kleinigkeit, wie ein bewusster Wechsel der Körperhaltung kann nachweislich zu einem veränderten emotionalen Zustand führen. So führt zum Beispiel bereits ein bestimmter 2-minütiger Wechsel der Körperhaltung dazu, dass das Stresshormon Cortisol um etwa 40% abgebaut und Testosteron, das für Selbstsicherheit und Dominanzverhalten zuständig ist, um 30% erhöht wird.

„Ändert sich der Zustand der Seele, so ändert dies auch das Aussehen des Körpers und umgekehrt; ändert sich das Aussehen des Körpers, so ändert dies zugleich auch den Zustand der Seele.“

Aristoteles

Die 3 States

Im NLP unterscheiden wir drei Hauptzustände, die Menschen annehmen können:

  • Stuck State: Dies ist ein Zustand der Problemorientierung. Der Fokus liegt auf negativen Gedanken und man ist, kurz gesagt, schlecht drauf. Das Bewusstsein der eigenen Fähigkeiten und Potenziale, also die Ressourcen, sind nicht oder nur sehr eingeschränkt zugänglich. Die Sprache und die Physiologie sind grobmotorisch und eindimensional.
    Die Physiologien, die in diesem Zustand vorkommen, werden Problemphysiologien genannt. Die Stuckphysiologie (engl.: Stuck = aufgeschmissen / festgeklebt) ist eine intensive Version der Problemphysiologie. Menschen, die in einem Stuck State sind, können in ihrer Welt keine Wahlmöglichkeiten sehen.
  • Ressource State: In diesem Zustand sind die Ressourcen zugänglich und Lösungen können gefunden werden. In dieser Physiologie wissen wir, dass wir schon viele Lösungen für viele Probleme gefunden haben, viele Ziele erreicht haben und sind uns unserer Potenziale und Fähigkeiten bewusst.
    Die zu diesem Zustand gehörige Physiologie, ist die Ressourcephysiologie. Varianten der Ressourcephysiologie sind die Ziel-, Lösungs- oder Versöhnungsphysiologie.
  • Separator (Unterbrechung) State: Dies ist ein Zustand der Gegenwartsorientierung oder Verwirrung. Er wird oft durch eine Musterunterbrechung hervorgerufen, die den gegenwärtigen Zustand unterbricht. Separatoren kennen wir alle aus dem Alltag, zum Beispiel wenn wir mitten in einem Prozess angerufen werden und erst wieder reinfinden müssen oder hinterher gar nicht mehr wissen, was wir gemacht haben oder der Kellner mitten in ein Gespräch platzt, um die Bestellung aufzunehmen und anschließend niemand mehr weiß, worüber man sich gerade so angeregt unterhalten hat. Separatoren sind also alles, was uns aus unserem gegenwärtigen Zustand rausholt. Ein Separator State bietet sich an, um sein Gegenüber aus einem schlechten Zustand herauszuholen und nach dem Seperator State in einen Ressource State überzuleiten.

Menschen sind individuell. Es gibt zwar Gemeinsamkeiten in den Physiologien, jedoch auch grundlegende Unterschiede. So zeigen einige sehr große Veränderungen, wenn sie in einem Stuck oder Ressource State sind, während die Änderungen bei einem anderen nur minimal sind.

Kalibrieren, interpretieren und der BAGEL

Den Vorgang verschiedene Physiologien zu erkennen und zu unterscheiden, nennen wir im NLP kalibrieren. Kalibrieren steht im Gegensatz zu interpretieren. Die meisten von uns interpretieren in ihrem Alltag das Verhalten von anderen Menschen. Das heißt, wir nehmen etwas wahr (beispielsweise wie gähnt unser Gegenüber während er sich mit uns unterhält) und reimen uns jetzt zusammen, was das bedeuten könnte (zum Beispiel: „Das, was ich erzähle, interessiert ihn nicht“). Hierbei kommt es mitunter zu gravierenden Missverständnissen, da alternative Bedeutungen ausgeschlossen werden (wie etwa, dass der Betreffende einfach einen langen Tag hatte und müde ist). Wenn wir interpretieren und uns dessen nicht bewusst sind, sind Missverständnisse vorprogrammiert, da wir uns nicht auf das Wahrgenommene, sondern auf unsere Interpretation stützen. So werden wir blind für andere Bedeutungen. Wenn wir uns jedoch kalibrieren, können wir vom Wahrgenommenen auf den inneren Zustand schließen, ohne zu interpretieren.

Wie geht das? Im Grunde ganz einfach. Einmal angenommen, ein Freund berichtet dir von seinem letzten Urlaub und erzählt dir von einer Situation, in der er viel Freude erlebt hat. Nun kannst du währenddessen darauf achten, wie sich die nonverbalen Aspekte seiner Kommunikation verändern.

Robert Dilts hat in einem Akronym festgehalten, was für Unterscheidungsmöglichkeiten es im nonverbalen Verhalten gibt, auf die wir beim Kalibrieren achten können. Das Akronym heißt BAGEL:

  • Bodyposture – Körperhaltung: Wie sitzt oder steht ein Mensch da? Wie ist die Mimik?
  • Accessing Cues – Zugangshinweise: Wie ist die Tonalität beim Sprechen? Wie die Geschwindigkeit? Wohin atmet der Mensch? Wie schnell? Gibt es Veränderungen in der Gesichtsfarbe?
  • Gestures – Gesten: Wie werden Gesten genutzt? Große Gesten, kleine Gesten? Eher zeigend / deutend, fühlend oder die soziale Interaktion charakterisierend?
  • Eyemovements – Augenbewegungen: In welche Richtung schaut der Mensch? Bewegen sich seine Augen eher im oberen, mittleren oder unteren Bereich?
  • Language Patterns – Sprachmuster: Welche sinnesspezifischen Wörter werden genutzt? Eher visuell, auditiv, kinästhetisch, vielleicht auch olfaktorisch oder gustatorisch? Gibt es Häufungen von bestimmten Worten? Welche Füllwörter werden verwendet?

Während also jemand von seinem letzten Erfolgserlebnis berichtet, können wir uns mit Hilfe der Aspekte des BAGEL auf die Ressourcephysiologie kalibrieren, die mit diesem Erlebnis verbunden ist. Wenn wir uns gut kalibriert haben, können wir anhand der Physiologie zuverlässig auf das innere Erleben des Klienten schließen. Kommt ein Klient mit Prüfungsangst in unsere Praxis, können wir uns zu Beginn der Sitzung auf die Problemphysiologie kalibrieren, die mit der Prüfungsangst einhergeht. Zeigt er am Ende der Sitzung eine Ressourcephysiologie, wenn er an die vor ihm liegende Prüfung denkt, haben wir gut gearbeitet. Sagt er aber, dass es ihm nun im Hinblick auf die Prüfung besser geht und wir nehmen gleichzeitig eine unveränderte Problemphysiologie wahr, so wissen wir, dass wir noch nicht am Ziel sind.

Die Fähigkeit diese verschiedenen Zustände zu unterscheiden, kommt uns nicht nur im Coaching oder der Therapie zugute. Die Frage, wann wir ein uns wichtiges Anliegen an einen Menschen herantragen, sollten wir auch vom Zustand dieses Menschen abhängig machen, um so unsere Erfolgschance zu erhöhen. Physiologien wahrzunehmen und die States zu unterscheiden, ist eine der Grundlagen sowohl im NLP als auch als Kommunikator, Freund, Ehepartner etc. und sollte etwas sein, das mit der Zeit zunehmend automatisiert abläuft.

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Übungen

1. (Dauer 5-10 Minuten) Denke an ein Thema, das dir Schwierigkeiten bereitet. Nimm wahr, wie dies deinen emotionalen Zustand und gleichzeitig deine Physiologie (Körperhaltung, Mimik etc.) beeinflusst.
Mache einen Separator, denke also an ein komplett anderes Thema oder steh kurz auf und mach irgendetwas, das dich aus deinem Zustand herausholt.
Frage dich nun, in welchem Zustand du sein müsstest, um auf eine angemessenere Weise mit dem Thema umzugehen (dies kann so etwas sein wie: Mut, Selbstbewusstsein, Freude, Vertrauen usw.). Erinnere dich assoziiert an eine Situation, in der du den Zustand bereits erlebt hast und nimm wahr, wie sich dein Körper in dieser Situation angefühlt hat. Gehe nun bewusst in die dem Zustand entsprechende Körperhaltung. Achte auf Körperspannung, Atmung, Mimik. Nimm gegebenenfalls noch deine Stimme dazu und sage einen Satz, der den Zustand zusammenfasst. Nimm wahr, wie das Einnehmen der Physiologie dazu führt, dass der entsprechende Zustand aktiviert wird. Beachte, dass bestimmte Zustände im Stehen besser aktiviert werden können (z.B. Mut, Durchsetzungsvermögen, Stärke etc.).
Wenn du den Zustand aufgebaut hast und er dir sehr präsent ist, denke an dein Thema und nimm wahr, was für Veränderungen auftreten, ob neue Gedanken kommen oder wie sich deine Bewertung verändert hat.

2. Probiere das nächste Mal, wenn du in einem Stuck State bist, bewusst aus, was Physiologieänderungen mit dir machen und experimentiere mit verschiedenen Physiologien.

3. Achte bei deinen nächsten Gesprächen auf die Physiologie deines Gegenübers und kalibriere dich. Bei welchen Themen, über die dein Gegenüber spricht, kannst du eine Ressourcephysiologie erkennen? Bei welchen eine Problemphysiologie? Wie reagiert dein Gegenüber auf das, was du sagst? Wie verändert sich der BAGEL?
Achte auch darauf, wie ein Mensch reagiert und aussieht, wenn er aus dem gegenwärtigen Zustand gebracht wird (z.B. wenn jemand etwas Unangemessenes sagt, der Kellner in einem Gespräch stört, jemand abrupt das Thema wechselt etc.), also im Seperator State ist.

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