Trainings gestalten, die nachhaltig wirken – Teil 2

von | 25. Aug 2021

Im letzten Blogartikel haben wir dir das Konzept der Transferwirksamkeit in Trainings näher gebracht. Ein transferwirksames Training stellt sicher, dass die Teilnehmer die Inhalte anschließend in der Praxis anwenden. Und genau dafür gibt es die 12 Stellhebel der Transferwirksamkeit, die jeweils zeigen, was den Transfererfolg sichern oder auch zunichte machen kann.

Die Stellhebel im Detail

Für ein transferwirksames Training, bedient man als Trainer im Optimalfall alle 12 Stellhebel, sowohl bei der Trainingskonzeption als auch während des Trainings. Dafür ist es notwendig sich der einzelnen Stellhebel bewusst zu sein und Möglichkeiten und Methoden zu kennen, um auf die Stellhebel einzuwirken.

Transfermotivation

Motivierte Teilnehmer haben Lust auf das Thema, wollen etwas verändern und haben den Wunsch das Gelernte praktisch anzuwenden. Da ist es naheliegend, dass eine hohe Transfermotivation auch den Transfererfolg unterstützt. Doch nicht immer ist sie von vorneherein gegeben, denn oftmals werden Teilnehmer geschickt oder haben Einwände gegenüber der Umsetzung der Inhalte. Trotzdem hat man als Trainer verschiedene Möglichkeiten die Motivation der Teilnehmer zu beeinflussen. Will ein Teilnehmer das Gelernte nicht anwenden, ist ein erfolgreicher Transfer nahezu unmöglich. Verspürt er hingegen den starken Wunsch die Trainingsinhalte praktisch zu nutzen, hat dies einen großen Einfluss auf den Transfererfolg, ist allerdings auch keine Garantie für diesen.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich fördern, dass meine Teilnehmer den Wunsch haben, das Gelernte anzuwenden?

Teilnehmer sagen: „Ich will es.“

Methoden, um Transfermotivation zu fördern:

  • Nutzen und Sinn des Trainings sowie der einzelnen Inhalte und Übungen klar kommunizieren
  • Transferziele definieren und kommunizieren
  • Mitbestimmungsrecht über Inhalte und Methoden einräumen
  • Bedeutsamkeit der Inhalte signalisieren (z.B. durch Beispiele oder Erfolgsgeschichten)
  • Selbstinitiative und Selbstverantwortung der Teilnehmer thematisieren und fördern (z.B. Reflexion über eigene Motivation fördern, Üben anhand eigener Beispiele, Transferplanung)
  • Image des Trainings verbessern: nützlich und wirksam (z.B. Testimonials, Erfolgsberichte, Bewerbungsschreiben für Trainings, durch die Geschäftsführung kommunizieren lassen)
  • alle Transfermaßnahmen als sinnvoll und nützlich framen
  • mit Spaß lernen (z.B. Wettbewerbe, Spiele, Quizzes)

Selbstwirksamkeitsüberzeugung

Teilnehmer, mit einer hohen Selbstwirksamkeitsüberzeugung, sind davon überzeugt, dass sie die erworbenen Fähigkeiten anwenden können und praktisch beherrschen. Sie glauben also an ihren Erfolg bei der Umsetzung. Die Selbstwirksamkeitsüberzeugung ist ein bekanntes Konzept aus der Psychologie, das inzwischen vielfach wissenschaftlich belegt ist. Dabei geht es nicht um die objektive Fähigkeit, sondern um die subjektive Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, die mitentscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Wenn ein Teilnehmer in einer Coaching-Ausbildung mehrmals die Erfahrung macht, dass seine Übungscoachings damit enden, dass ein weinender, aufgelöster Klient vor ihm sitzt, wird dies seine Selbstwirksamkeitsüberzeugung mindern und dazu führen, dass er im Anschluss an die Ausbildung nicht daran glaubt erfolgreiche Coachings durchführen zu können. Genauso verhält es sich, wenn Teilnehmer aufgrund fehlender Übungsmöglichkeiten, nie praktische Erfolgserfahrungen mit Methoden oder Techniken machen können. Als Trainer fördert man den Transfererfolg, in dem man dafür sorgt, dass die Teilnehmer daran glauben, das Gelernte umsetzen zu können.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich dafür sorgen, dass meine Teilnehmer davon überzeugt sind das Gelernte gut zu beherrschen?

Teilnehmer sagen: „Ich kann es.“

Methoden, um die Selbstwirksamkeitsüberzeugung zu stärken:

  • Erfolgserlebnisse ermöglichen (z.B. Übungen mit steigendem Schwierigkeitsgrad, Erzählen von Erfolgserlebnissen, Teilen von Erfolgen in der Gruppe, Hausaufgaben)
  • stellvertretende Erfahrungen (z.B. Demos, auch Positiv-/Negativdemos, Videos, Beobachter in Übungen)
  • verbale Ermutigung (z.B. Lob und Feedback durch Trainer oder andere Teilnehmer, Feedbackkultur installieren)
  • emotionale Erregung fördern (z.B. positive somatische Marker entwickeln, auch mögliche Herausforderungen und Widerstände thematisieren)
  • Reflexionen fördern, um die internale Kontrollüberzeugung zu stärken (z.B. Was hast du dafür getan, dass es so gut gelungen ist?)

Transfervolition

Teilnehmer, mit einer hohen Transfervolition, können und wollen Aufmerksamkeit und Energie in die Umsetzung ihrer Transfervorhaben investieren. Sie geben nicht sofort auf, wenn sie bei der Umsetzung auf Schwierigkeiten stoßen oder Hindernisse überwinden müssen. Auch wenn Teilnehmer motiviert und davon überzeugt sind, die Sachen anwenden zu können, kommt oftmals der Alltag dazwischen und langfristig werden die Vorhaben doch nicht durchgehalten. Sicherlich kennst du das auch aus deinem Leben, wenn es darum geht mehr Sport zu treiben, sich gesünder zu ernähren oder weniger auf Facebook zu surfen. Auch wenn du motiviert bist und ganz sicher weißt, dass du in der Lage dazu bist, einmal die Woche joggen zu gehen, halten dich die Überstunden, der innere Schweinehund oder das schlechte Wetter davon ab. Als Trainer stellt sich also die Frage, wie man das Durchhaltevermögen und die Willensstärke (= Volition) seiner Teilnehmer fördern kann, sodass diese langfristig an ihren Vorhaben dranbleiben. Denn eine hohe Motivation ist kein Garant für einen dauerhaften Umsetzungserfolg. Aufgrund von Schwierigkeiten oder Misserfolgen kann die Motivation der Teilnehmer sinken. Die Volition ist in diesem Moment das Notstromaggregat, das dafür sorgt, dass es trotzdem weitergeht. Volition ist wie ein Muskel, der trainiert werden kann, aber während der Nutzung ermüdet. Um die Volition zu erhöhen, ist es nützlich die Aufmerksamkeit auf die Vorhaben zu lenken und bewusst von ablenkenden Vorhaben wegzulenken. Auch die Umgebung so zu verändern, dass die Umsetzung der Vorhaben gefördert wird, ist hilfreich.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich fördern, dass meine Teilnehmer fähig und bereit sind, konsequent an ihren Umsetzungsvorhaben zu arbeiten?

Teilnehmer sagen: „Ich ziehe es durch.“

Methoden, um die Transfervolition zu stärken:

  • Transfervorhaben präsent halten (z.B. Erinnerungs-Mails, Briefe, Aufgaben, Umsetzungserfolge erfassen)
  • Erinnerungen verwenden lassen (z.B. im Training erstellen lassen wie Checklisten, Schreibtischunterlagen, Teilnehmer Erinnerungen selbst wählen lassen)
  • Follow-Up-Veranstaltungen, um Erfolge zu teilen und Schwierigkeiten zu bearbeiten
  • Transfercoachings anbieten
  • Transferjournale erstellen (besonders bei langfristigen Trainings)
  • vorhaben-freundliche Informationen zur Verfügung stellen (z.B. Studien über Wirksamkeit von Methoden, Erfolgsberichte)
  • Rückfallmanagement (z.B. Wenn-dann-Pläne aufstellen lassen, Rückschläge als Teil des Lernprozesses framen, Was würde dich garantiert von deinem Vorhaben abbringen?)
  • Social Nudges (z.B. Peergroups, Austausch der Teilnehmer)
  • Eigenbelohnung durch Teilnehmer einplanen lassen

Erwartungsklarheit

Ein gut vorbereitetes Training sorgt dafür, dass die Teilnehmer wissen, was sie im Training lernen werden und wofür das Gelernte für sie nützlich sein wird. Die Teilnehmer wissen bereits vor dem Training, was vor, während und nach dem Trainings auf sie zukommt. Als Trainer kann man es unterstützen, dass die Teilnehmer optimistisch, offen und lernbereit ins Training kommen, sowie mit positiven Erwartungen. Denn es ist inzwischen vielfach wissenschaftlich bewiesen, dass unsere Erwartungen mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreffen. Zum einen sorgen Erwartungen für eine gewisse Wahrnehmungsverzerrung, aber Erwartungen sorgen auch dafür, dass Teilnehmer sich unbewusst mehr anstrengen, um ihre eigenen Erwartungen zu erfüllen.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich sicherstellen, dass meine Teilnehmer vor dem Training wissen, was auf sie zukommt und positive Erwartungen entwickeln?

Teilnehmer sagen: „Ich weiß, was ich lernen soll und werde.“

Methoden, für mehr Erwartungsklarheit:

  • transferfördernde Trainingsbeschreibung (klare Transferziele formulieren, praktischen Nutzen herausarbeiten)
  • Erwartungen vor dem Training abfragen (z.B. über Online-Umfrage, digitale Pinnwand)
  • Selbsteinschätzung mit Transferzielen vor dem Training (Ist und Soll-Werte bezogen auf Transferziele)
  • Vorbereitende Aufgaben und Unterlagen
  • Kick-Off-Veranstaltungen
  • Vorabinfo über Ziele, Inhalte etc.

Inhaltsrelevanz

Bei hoher Inhaltsrelevanz werden die Inhalte des Trainings von den Teilnehmern als relevant und bedeutsam wahrgenommen und stimmen mit dem überein, was die Teilnehmer im (Arbeits-)Alltag benötigen. Eine hohe Inhaltsrelevanz erreicht man als Trainer zum einen darüber, dass man die passenden Inhalte auswählt, die zu den Rahmenbedingungen der Teilnehmer passen. Aber auch, indem man diese Inhalte entsprechend als relevant und bedeutsam darstellt. Es macht einen Unterschied den Teilnehmern eine Coaching-Übung vorzustellen, mit der „ihr die Stärken eurer Klienten herausarbeiten könnt“. Oder einzuleiten, dass Stärkenblindheit ein vielfach verbreitetes Problem ist, denn ca. 2/3 der Menschen kennen ihre eigenen Stärken nicht und das kann sowohl im privaten, als auch beruflichem Kontext zu Schwierigkeiten führen. Sodass das Thema der Stärken auch eins ist, „womit Leute oft zu euch ins Coaching kommen werden und wo ihr einen Ansatz benötigt, um euren Klienten ihre eigenen Stärken bewusst zu machen. Deshalb lernen wir heute die folgende Übung kennen, die ihr genau bei dieser Fragestellung ‚Was sind meine Stärken?‘ anwenden könnt“. Welche Einleitung würde dich mehr von der Wichtigkeit der Übung überzeugen?

Damit Teilnehmer die erlernten Inhalte auf ihren Kontext übertragen können, benötigen sie im Training sowohl konkretes Lernen (an einem spezifischen Beispiel, möglichst nah am Kontext der Teilnehmer) als auch abstraktes Lernen (generalisierbare Inhalte, die die Teilnehmer selber in ihre jeweiligen Kontexte transferieren können). In Trainings können diese beiden Lernformen zum problembasierten Lernen verbunden werden. Ausgehend von einem konkreten Problem bzw. einer konkreten Situation wird die notwendige Theorie erarbeitet und anschließend auf das konkrete Problem bzw. die konkrete Situation angewendet. Außerdem gilt Teilnehmer- und Transferorientierung statt Inhaltsorientierung: nicht die Inhalte sind die Basis eines Trainings, sondern die Herausforderungen und Probleme der Teilnehmer und im gesamten Training ist die Leitfrage, was die Inhalte nützen und nicht, was behandelt wird. Oftmals kann man schon mit einem anderen Wording in Bezug auf die Inhalte viel verändern. Aber auch schon bei der Trainingskonzeption sollte man nicht überlegen, was man denn für eine schöne Übung zu dem Thema kennt, die die Teilnehmer mögen und die Spaß macht, sondern gezielt eine Übung aussuchen, die das Transferziel unterstützt.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich dafür sorgen, dass meine Inhalte von den Teilnehmern als relevant und bedeutsam erlebt werden?

Teilnehmer sagen: „Die Inhalte sind relevant & anwendbar für mich.“

Methoden, für eine höhere Inhaltsrelevanz:

  • konkrete Anwendungsmöglichkeiten und Herausforderungen der Teilnehmer aufgreifen (z.B. live im Training darauf eingehen, bereits im Vorfeld abfragen und im Training nutzen)
  • Theorie anhand praktischer Beispiele und Geschichten verdeutlichen
  • mit Unterlagen, Arbeitsmitteln etc. aus dem Alltag der Teilnehmer arbeiten
  • Beispiele und Erklärungen möglichst passend auf die Teilnehmer und deren Kontext abstimmen
  • Wozu noch-Phase aktiv einplanen und individuelle Transferideen im Training sammeln (z.B. Wie kannst du das Gelernte konkret nutzen?, Was machst du mit dem erlernten Modell/Methode?)

Aktives Üben

Der Aufbau des Trainings bietet Möglichkeiten das Erlernte praktisch auszuprobieren und zu erleben. In Trainings sollen Teilnehmer nicht nur Faktenwissen erwerben, sondern auch Anwendungswissen. Deshalb ist Aktives Üben in Trainings unerlässlich. Die Transferforschung rät dazu wenigstens 30% bis 50% der Trainingszeit für aktives Üben einzuplanen. Je höher die Verarbeitungstiefe (z.B. Fragen beantworten, Inhalte selber vorstellen, Anwendungsmöglichkeiten finden, praktisches Üben), desto stärkere synaptische Verbindungen werden in den Gehirnen der Teilnehmer erzeugt. Zusätzlich wird dieser Effekt verstärkt, indem die subjektive Bedeutsamkeit der Inhalte erhöht wird (hohe Inhaltsrelevanz). Aktives Üben bedeutet also genau das im Training praktisch zu tun, was die Teilnehmer lernen sollen. Wenn die Teilnehmer Inhalte selbst erarbeiten, in Gruppen diskutieren, wie man ein Problem lösen könnte oder ähnliches ist dies noch kein Aktives Üben, sondern aktives Lernen. Was schon viel besser ist, als bloßes Konsumieren, aber eben noch kein aktives Üben. Beim aktiven Üben sollten die Übungsbedingungen möglichst so gestaltet sein, wie die Teilnehmer diese in späteren realen Situationen auch erleben werden. Wenn das Transferziel der Ausbildung ist, dass die Teilnehmer lösungsorientiertes Coaching erlernen sollen, führen die Teilnehmer ein vollständiges Coachinggespräch mit einem Klienten mit einem echten Anliegen durch. Aktives Lernen wäre es, wenn die Teilnehmer die Auftragsklärung eines Coachings im Rollenspiel zu einem vorgegebenen Thema üben. Sollen die Teilnehmer ihre Verkaufsquote im Telefonverkauf erhöhen, sollten sie die Gespräche auch am Telefon mit einem echten Interessenten und nicht im direkten Gespräch mit dem Trainer üben. Natürlich sind nicht in allen Trainings immer komplett realitätsnahe Übungsbedingungen möglich. Aber es gilt, je realitätsnaher, desto besser und je praktischer, desto besser.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich sicherstellen, dass das Erlernte bereits im Training realitätsnah erlebt, probiert und geübt wird?

Teilnehmer sagen: „Ich habe es im Training erlebt & ausprobiert.“

Methoden für Aktives Üben:

  • mehr Trainingszeit für Übungen einplanen (z.B. Theorie auslagern durch Blended Learning)
  • Beispiele aus der Praxis, reale Fälle, Demos nutzen oder auch Lernen anhand von Fehlern
  • mehr Verarbeitungstiefe schaffen durch Aktives Lernen (z.B. Quiz, Lückentext, begleitende Aufgaben, Rollenspiele)
  • Teilnehmer aktiv mit einbeziehen (z.B. Ergebnisse von Gruppenarbeiten vorstellen lassen, Karteikarten anhängen und clustern lassen, Rollenspiele entwickeln lassen)

Transferplanung

Für ein tranferwirksames Training ist die Transferplanung innerhalb des Trainings ein wesentliches Element. Im Rahmen der Transferplanung wird der Transfer im Training vorbereitet und die Umsetzung des Erlernten konkret geplant. Für einen erfolgreichen Transfer ist es essentiell, dass die Teilnehmer eine genaue Vorstellung davon haben, wie sie das Gelernte anwenden werden. Je konkreter der Plan und je stärker das Commitment zu den Transfervorhaben, desto wahrscheinlicher wird der Transfererfolg. Deshalb gehört eine Sequenz zur Transferplanung in jedes Training, mit einem Umfang von etwa 10% der Trainingszeit. Die Transferplanung sollte dafür sorgen, dass jeder Teilnehmer sich für konkrete Umsetzungsvorhaben entscheidet und die Phase des Abwägens beendet. Aus Zielen (z.B. Ich treibe mehr Sport) sollten Pläne entwickelt werden (z.B. Wenn ich von der Arbeit nachhause komme, gehe ich 30 Minuten joggen), das führt dazu, dass der Umsetzungserfolg deutlich steigt.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich dafür sorgen, dass meine Teilnehmer die Umsetzung des Gelernten schon im Training konkret planen?

Teilnehmer sagen: „Ich weiß, wie ich das Gelernte nutzen werde.“

Methoden zur Transferplanung:

  • Transferplanungssequenz im Trainingskonzept einplanen und den Teilnehmern die Bedeutung der Sequenz deutlich machen
  • die erlernten Inhalte, Anwendungsmöglichkeiten sowie den Nutzen noch einmal zusammenfassen
  • Transferpläne erstellen lassen
    • Was werde ich ausprobieren und warum?
    • Wer wird mich bei meinen Vorhaben unterstützen?
    • Was werde ich als ersten, zweiten, dritten… Schritt tun? Wann? Wo?
    • Was sind mögliche Hindernisse und Widerstände und wie kann ich mit diesen umgehen?
  • Transferübungen (z.B. Zukunftsinterview: Wie wird es sein, wenn du dein Vorhaben umgesetzt hast?)
  • Individuelle Transferunterstützung (z.B. Brief an sich selbst, Transfervorhaben-Erinnerung als Schreibtischunterlage, Post-It’s, Gegenstand, Reminder im Kalender)
  • Commitment zum Transfervorhaben erhöhen (z.B. der Gruppe vorstellen, Wem wirst du es erzählen?, Transfervision formulieren)

Transfererwartung im Unternehmen

Die Transfererwartung im Unternehmen zeigt sich den Teilnehmern durch positive Folgen bei Anwendung der erlernten Inhalte und durch Konsequenzen, wenn das Gelernte nicht angewendet wird. Wenn die Teilnehmer merken, dass das Unternehmen erwartet, dass die erlernten Inhalte umgesetzt werden, führt dies zu einem besseren Transfer. Dabei geht es nicht nur um Lippenbekenntnisse von Unternehmen, sondern darum welche Signale sie durch ihre Taten aussenden. Ist Transfer im Unternehmen ein Thema, das besprochen und beachtet wird? Werden konkrete Handlungen in Bezug auf Transfer unternommen? Wird der Transfererfolg gemessen?

In Unternehmen können ein wichtiges Signal auch Feedbackbögen sein. Wird in den Feedbackbögen nach einem Training nur die Zufriedenheit abgefragt, gibt dies keinen Hinweis auf den Transfererfolg der Teilnehmer. Denn Zufriedenheit und Transfererfolg hängen nicht miteinander zusammen. Nachhaltiges Lernen ist manchmal auch verbunden mit Anstrengung und dem Verlassen der Komfortzone, was nicht immer angenehm ist. Wird hingegen evaluiert, wie nützlich das Training war und wie sehr das Training dazu beigetragen hat, dass die Inhalte auch in der Praxis angewendet werden können, bekommt man einen ersten Hinweis auf den Transfererfolg und macht deutlich, dass das Ziel des Trainings nicht (nur) glückliche Teilnehmer sind, sondern die Anwendung des Erlernten.

Ebenso werden Signale ausgesendet, je nachdem wie die Verteilung von Zertifikaten erfolgt, nach Ende des Trainings oder in Abhängigkeit von Transfererfolgen und ob Follow-Up-Veranstaltungen oder Transfermaßnahmen wie Lernpartnerschaften verpflichtend, freiwillig oder überhaupt nicht vorhanden sind. Insgesamt geht es also darum, ob das Unternehmen eine Transferhaltung umsetzt und aktiv den Transfer der Teilnehmer unterstützt und fordert.

Wenn ein Training nicht im Unternehmenskontext stattfindet, kann hier alternativ auch das private Umfeld eingesetzt werden. Was erwarten Freunde, Familie oder der Partner von dem Trainingsbesuch? Spricht mein Partner es an, wenn ich ihn nach der Teilnahme an einem Seminar über Konfliktgespräche, immer noch genauso anbrülle wie vorher und ihn übermäßig kritisiere? Fragt meine Freundin nach, wenn ich mich nach der dritten Ausbildung zum Coach immernoch nicht selbstständig gemacht habe und meine Website noch nicht online gestellt habe?

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich dafür sorgen, dass es (im Unternehmen) auffällt und Konsequenzen hat, wenn meine Teilnehmer das Gelernte (nicht) anwenden?

Teilnehmer sagen: „Es fällt auf, wenn ich das Gelernte (nicht) anwende.“

Methoden, um die Transfererwartung zu erhöhen:

  • Transfer zum Thema im Unternehmen machen
  • Transfersignale aussenden (z.B. Zertifikate, Feedbackbögen, Kommunikation der Transferziele, Unterstützung durch Vorgesetzte, verpflichtende Transfermaßnahmen)
  • Transfer messen: transferrelevante Feedbackbögen
  • Transferziele sollten auch dem Unternehmensziel dienen
  • Transfererfolge belohnen, statt die bloße physische Anwesenheit

Unterstützung durch Vorgesetzte

Im Arbeitskontext hat der Vorgesetzte großen Einfluss darauf, ob und mit welcher Motivation die Mitarbeiter Seminarinhalte anschließend auch in der Praxis anwenden. Der Transfererfolg wird erhöht, wenn Vorgesetzte (oder alternativ nahestehende Personen im privaten Kontext) den Transfer der Teilnehmer aktiv einfordern, unterstützen, monitoren und verstärken. Oft scheitert dies schon vorab an fehlendem Wissen über die Trainingsinhalte, unklaren Zielen zum Entwicklungsbedarf ihrer Teilnehmer oder schlicht am mangelnden Zuständigkeitsgefühl oder Unwissen der Vorgesetzten. Viele Vorgesetzte sind sich gar nicht darüber im Klaren, welchen Einfluss sie auf den Transfererfolg ihrer Mitarbeiter haben und wie sie diesen unterstützen könnten. Dabei reichen schon Maßnahmen mit sehr geringem Aufwand. In einer Studie1 wurde herausgefunden, dass bereits zwei Gespräche zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter á 15 Minuten, eins vor und eins nach dem Training, den Transfererfolg signifikant erhöhen. Im Vorbereitungsgespräch ging es um einen Austausch über die Trainingsinhalte und die Erwartungen, inwiefern das Gelernte in der Arbeit angewendet wird. Im Nachbereitungsgespräch tauschten sich Vorgesetzter und Mitarbeiter über die erlernten Fähigkeiten und Inhalte aus, definierten gemeinsam konkrete Anwendungsmöglichkeiten und besprachen den Umgang mit möglichen Hindernissen. Außerdem ermutigten die Vorgesetzten ihre Mitarbeiter die Inhalte umzusetzen und sicherten ihnen Unterstützung zu. Und solche kleinen Maßnahmen müssen nicht unbedingt vom Vorgesetzten ausgehen. Auch die Teilnehmer können dies eigenständig initiieren, in dem sie den Chef oder auch den Partner oder Freund mit einbeziehen.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich dafür sorgen, dass die Vorgesetzten der Teilnehmer die Anwendung des Gelernten unterstützen & einfordern?

Teilnehmer sagen: „Mein Vorgesetzter fordert & fördert die Umsetzung.“

Methoden, um die Unterstützung durch Vorgesetzte zu verbessern:

  • Vorgesetzte als Transferunterstützer gewinnen (Aufklärung über das Thema Transfer, Schulungen zum Thema Transfer für die Vorgesetzten, Transferziele festlegen, mit denen sich auch die Vorgesetzten identifizieren können)
  • Transfergespräche vor und nach dem Training einführen
  • Vorgesetzte ins Training bzw. die Planung miteinbeziehen (z.B. als Mentoren oder Co-Trainer)
  • Teilnehmer dazu motivieren den Austausch mit ihren Vorgesetzten zu suchen

Unterstützung durch Peers

Das Bedürfnis nach Verbundenheit, also die Verbindung zu anderen Menschen ist allen Menschen gemeinsam. Wenn dieses Bedürfnis der Umsetzung und Anwendung des Erlernten im Weg steht, weil das Umfeld des Teilnehmers dagegen ist, kann dies den Transfererfolg deutlich mindern oder sogar verhindern. Außerdem streben Menschen nach Konformität, also mit der Einstellung oder dem Verhalten von anderen übereinzustimmen und Konsistenz, also die Widerspruchsfreiheit des eigenen Verhaltens. Auch diese Phänomene kann man als Trainer nutzen. Wenn die Teilnehmer mit neuem Wissen, neuen Ideen und veränderten Einstellungen und einem anderen Verhalten in ihr gewohntes, unverändertes Umfeld zurückkommen, kann es passieren, dass der Teilnehmer „resozialisiert“ wird und in seine alten Muster zurückfällt. Um dies zu verhindern, kann eine zusätzliche Gruppe eingeführt werden, die dem Teilnehmer Unterstützung gibt und die von seinen Zielen weiß, sodass er sich im Sinne der Konsistenz anstrengen wird, diese auch zu erfüllen. Aber auch das bestehende Umfeld in das der Teilnehmer zurückkehrt, sollte in den Transferprozess mit einbezogen werden.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich fördern, dass die Teilnehmer bzw. Kollegen untereinander den Transfer unterstützen?

Teilnehmer sagen: „Jemand steht bei der Umsetzung hinter mir.“

Methoden, um die Unterstützung durch Peers zu verbessern:

  • Peers als Lernunterstützer (Austausch zwischen Teilnehmern im Seminar ermöglichen, durch Gruppenarbeiten, Tuschelgruppen etc.)
  • Kontakt zwischen Teilnehmern herstellen (z.B. durch Teilnehmerlisten)
  • Buddy-Systeme einführen (Buddy unterstützt beim Dranbleiben und Durchhalten und fungiert als guter Freund in Bezug auf das Transferthema)
  • Peergroups anregen und konkrete Transferaufgaben geben
  • Transfervorhaben in der Gruppe teilen lassen
  • Einbeziehung des Umfelds (Arbeitskollegen, Partner, Freunde, Familie etc.) durch Aufgaben, Gesprächsanregungen

Anwendungsmöglichkeit

Um die Inhalte anzuwenden und umzusetzen, braucht es Gelegenheiten und Ressourcen. Die Anwendungsmöglichkeiten werden durch drei Dimensionen bestimmt:

  • Zeit – können Teilnehmer das Gelernte sofort oder erst viel später anwenden
  • Häufigkeit – wie oft haben Teilnehmer die Gelegenheit das Gelernte anzuwenden
  • Komplexität – in welchem Umfang können Teilnehmer das Gelernte umsetzen

Wenn die Teilnehmer bereits vor und während dem Training ihre Anwendungsmöglichkeiten erkennen, fördert das die Motivation und die positive Erwartung an das Training. Fehlen hingegen mögliche Anwendungsfelder werden Teilnehmer eher demotiviert ins Training kommen, was den Transfererfolg zusätzlich beeinflusst. Wenn ich einen Häkelkurs besuche, aber zuhause gerade ein Neugeborenes habe, dass meine gesamte Zeit in Anspruch nimmt, dann kann ich noch so viel Freude am Stricken haben, in Ermangelung von Zeit, werde ich es in den nächsten Monaten nicht umsetzen und mein Wissen wird verloren gehen. Besuche ich einen Kurs über Buchhaltung, und dort wird Buchhaltung bis in die Tiefe vermittelt, inklusive der Steuererklärung, ich mache in meinem Unternehmen aber nur die vorbereitende Buchhaltung, werde ich keine Gelegenheit haben, mein erlerntes Wissen komplett anzuwenden. Je zeitnaher, öfter und in Tiefe die Teilnehmer die erlernten Inhalte anwenden können, desto wahrscheinlicher wird der Transfererfolg des Trainings. Einfluss darauf hat auch, mit welchen Erwartungen und Vorstellungen die Teilnehmer kommen. Wenn ich in der Kursausschreibung nicht klar formuliere, was Teilnehmer lernen und anwenden können, können sie sich auch nicht den passenden Kurs aussuchen.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich sicherstellen, dass meine Teilnehmer die Möglichkeit und notwendige Ressourcen haben das Gelernte anzuwenden?

Teilnehmer sagen: „Es ist mir möglich, das Gelernte umzusetzen.“

Methoden, um Anwendungsmöglichkeiten zu erkennen und zu schaffen:

  • Bedarf und Erwartungen des Auftraggebers klären bzw. konkrete Anwendungsmöglichkeiten in der Beschreibung aufzeigen
  • Verschiedene Anwendungsmöglichkeiten im Training zeigen und besprechen
  • Übungen auf die konkreten Anwendungsmöglichkeiten der Teilnehmer abstimmen
  • im Training bereits konkrete Praxisbeispiele der Teilnehmer miteinbeziehen
  • Teilnehmer Anwendungsmöglichkeiten schaffen lassen (z.B. durch Transferplan)
  • Begleitende Praxisprojekte oder Aufgaben nutzen

Persönliche Transferkapazität

Neben den Anwendungsmöglichkeiten spielt auch die Transferkapazität der Teilnehmer eine große Rolle bei der Umsetzung der Inhalte. Je nachdem, wie viel Zeit und Energie, die Teilnehmer zur Verfügung haben und welchen Belastungen sie zusätzlich ausgesetzt sind, wird der Transfer besser oder weniger gut möglich sein. Menschen neigen dazu für ihre Aufgaben und Vorhaben zu wenig Zeit einzuplanen, weil sie mögliche erschwerende Bedingungen oft nicht berücksichtigen (sogenannte „Planning Fallacy“). In Trainings kommt erschwerend hinzu, dass meist nur die reine Seminarzeit kommuniziert wird und Teilnehmer die Zeiten für Vor- und Nachbereitung sowie Üben und Anwenden nicht berücksichtigen. Wenn dies den potentiellen Teilnehmern bewusst gemacht wird, können sie selber überlegen, ob es Sinn macht mit einem Kleinkind einen Häkelkurs zu besuchen oder während der arbeitsintensiven Vorweihnachtszeit im Einzelhandel ein Verkausseminar zu belegen. Lernen ist ein Prozess und dementsprechend sollten auch Trainings konzipiert und kommuniziert werden: nicht als einmalige, abgeschlossene Events, sondern als Teil eines umfassenden Lernprozesses, bei dem das Training die Vorbereitung ist und die eigentliche Umsetzung anschließend folgt. Dies ist ein bisschen wie in der Fahrschule: Während der Fahrstunden lernt man das Auto zu bedienen und mehr oder weniger sicher durch den Verkehr zu lenken. Aber wirklich Auto fahren, sodass man nebenbei noch erzählen kann, lernt man erst, wenn man anschließend verschiedene Autos in unterschiedlichen Wetterlagen fährt, im zähen Stadtverkehr und auf der Landstraße mit Wildwechsel unterwegs ist und in brenzlige Situationen gerät.

Leitfrage für Trainer: Wie kann ich unterstützen, dass meine Teilnehmer ausreichend Zeit und Kapazitäten haben das Erlernte anzuwenden?

Teilnehmer sagen: „Mein (Arbeits-)alltag ermöglicht mir das Erlernte umzusetzen.“

Methoden, um die persönliche Transferkapazität zu berücksichtigen:

  • Zeitaufwand des Trainings inklusive Vorbereitung und Transfermaßnahmen kommunizieren
  • Transferfördernde Maßnahmen als Teil der Ausbildung darstellen
  • Kapazität der Teilnehmer im Transferplan berücksichtigen
  • Spaced Training (mehrere kurze Trainingseinheiten, statt einer langen)
  • Lernen als Prozess kommunizieren, in dem das Training nur ein Element ist

 

Das waren die 12 Stellhebel für mehr Transferwirksamkeit in Trainings. Wenn dir das jetzt erst einmal viel erscheint, keine Sorge. Starte erst einmal mit 1 oder 2 Stellhebeln, die dir für dein Training besonders relevant erscheinen und versuche sie in deiner Trainingskonzeption und -durchführung zu berücksichtigen. Und bedenke, oftmals sind nur kleine Veränderungen in der Kommunikation und im Wording notwendig, um deine Teilnehmer besser abzuholen. Dafür ist es schon hilfreich, das Konzept der Transferwirksamkeit und Lernen als Prozess über die Ausbildung hinaus im Hinterkopf zu haben und den Transfererfolg deines Trainings innerlich hoch zu priorisieren. Und wenn du mehr erfahren willst, freuen wir uns, dich in der Trainer-Ausbildung wiederzusehen.

Wenn du Teilnehmer bist, hast du in diesem Artikel vielleicht einige Anregungen gefunden, die dir helfen, aus deinem nächsten Training mehr mitzunehmen. Denn z.B. eine Transferplanung oder die Unterstützung durch Verbündete kann man als Teilnehmer auch eigenständig angehen. Und wenn du deinen Transfererfolg verbesserst, ist deine investierte Zeit und dein Geld auch gleich viel mehr Wert.

Quellen:

  1. Brinkerhoff, Robert O., and Max U. Montesino. „Partnerships for training transfer: Lessons from a corporate study.“ Human Resource Development Quarterly 6.3 (1995): 263-274.

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