Empathisch in Verbindung treten

von | 14. Dez 2022

Was ist Gewaltfreie Kommunikation?

Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) ist eine innere Haltung, mit der du mit dir und anderen in Kontakt trittst und kommunizierst. In der GFK stellen wir die Gefühle und die Bedürfnisse in den Mittelpunkt.

Wir fragen uns mit den Worten von Marshall Rosenberg:

„Was ist lebendig in mir“

„Und was würde mein Leben bereichern – hier und jetzt?“

Mit Hilfe einer gewaltfreien Kommunikation erlernen wir einen empathischen Kommunikationsstil, der uns Verantwortung und Selbstbestimmung für unser Leben übernehmen lässt und Verbundenheit im zwischenmenschlichen Miteinander spürbar macht.

Empathisch sich und dem Gegenüber begegnen

Was ist Empathie?

Empathisch zu sein bedeutet, die Bereitschaft zu haben, in einer urteilsfreien Weise zu handeln und auf jemanden zu reagieren. Du erkennst jemanden an, handelst und hörst jemandem zu, unvoreingenommen und ohne zu bewerten.

Das kannst du in einem Gespräch merken, wenn du deinem Gegenüber zuhörst und während des Zuhörens noch nicht daran denkst, was du ihr oder ihm erwidern möchtest – du hörst ihr zu und sprichst ohne Absicht mit ihr.

Die GFK befähigt uns, Wertschätzung für uns selbst und für andere zu empfinden und Urteile über andere, die im Grunde gewaltvoll sind, in Bedürfnisse zu übersetzen. Sind wir empathisch, bedeutet es auch, die Überzeugung eines anderen Menschen stehen und bei ihm lassen können, ohne in eine Abwehr gegenüber ihm gehen zu müssen.

Was sind Bedürfnisse?

Bedürfnisse sind universell, abstrakt und positiv – zusammengefasst haben alle Menschen unabhängig von ihrem Wohnort, unabhängig von anderen Personen und Rahmbedingungen die gleichen Bedürfnisse: Berührung, Bewegung, Entspannung, Gesundheit, Heilung, Luft, Nähe, Ruhe, körperliche Unversehrtheit, Sicherheit, Wärme / Kühlung, Wohlbefinden.

Menschen möchten ihre Bedürfnisse erfüllen und dafür nutzen sie Strategien, die sich sehr unterscheiden und auch abhängig von ihrem Wohnort und ihrer Lebenssituation sind. Die Strategien sind ein Versuch, sich ein Bedürfnis zu erfüllen und sind dabei nicht universell.

So kann sich eine Frau das Bedürfnis nach Entspannung mit einem langen Spaziergang durch die Nachbarschaft erfüllen, während eine andere Frau bei einem ähnlichen Spaziergang vielleicht unruhig wird und sich bei einer zehn-minütigen Sitz-Meditation leichter entspannen kann.

Angenommen beide Frauen sind befreundet. Sie möchten sich Samstagnachmittag treffen und besprechen, was sie in dieser geschäftigen Arbeitswoche erlebt haben – und beide möchten sich auch entspannen. Eine der beiden schlägt für ein Treffen einen Spaziergang durch die Nachbarschaft vor: Sie freut sich, ihre Freundin zu treffen und sich mit ihr in einer entspannten Atmosphäre auszutauschen.
Die andere Freundin wird bereits bei dem Gedanken an einen 20-minütigen Spaziergang unruhig und angespannt; sie verliert ihre vorherige Freude auf das Treffen mit ihrer Freundin und sagt es kurzfristig telefonisch ab – obwohl sie sich gerne mit der Freundin treffen möchte. Nach einer vollen Arbeitswoche möchte sie sich „entspannen und nicht wie blöd durch die Welt laufen“, klagt sie ihrem Nachbarn. Beide Frauen haben ähnliche Wünsche, aber ganz unterschiedliche Strategien, ihre Bedürfnisse zu erfüllen.

Dem anderen Menschen begegnen

In Konfliktsituationen kann die innere Haltung des empathischen Zuhörens und miteinander Sprechens herausfordernd sein, wenn wir eine andere Überzeugung haben. Aber unsere Überzeugung braucht nicht mit der unseres Gegenübers übereinstimmen. Wir können uns als Menschen mit unterschiedlichen Sichtweisen anerkennen und in unserer Kommunikation dem Menschen – unterschieden von der Überzeugung – begegnen. Diese innere Haltung einzunehmen, ist ein wesentlicher Schritt beim Erlernen der Gewaltfreien Kommunikation.

In Meinungen weichen wir voneinander ab; bei Fachfragen und Wissensständen kann es je nach Frage oder Thema eine Bewertung von „gut“ oder „falsch“ geben. Wenn wir uns z.B. einig sind, dass 2 x 2 = 4 ergibt, dann ist die Rechnung 2 x 2 = 5 falsch. In Konflikten mit anderen Menschen geht es nicht um die Bewertung, mein Gegenüber als vermeintlich falsch zu bewerten, wenn er eine andere Meinung hat; mein Gegenüber hat ebenso wie jeder Mensch Gefühle und Bedürfnisse, die sein Verhalten beeinflussen, und in einem Konflikt möchte ich ihn als Menschen sehen und verstehen, welche Bedürfnisse und Gefühle hinter seiner Meinung liegen.

Die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation

Die vier Schritte der GFK helfen, in Alltagssituationen und in Gesprächen in Empathie zu gehen, mit Bewertungen und Urteilen umzugehen und die Bedürfnisse, Strategien und Wünsche von mir und anderen Menschen zu erkennen und sie auszuleben. Die vier Schritte sind ein Leitfaden für ein umfassenderes Verständnis:

  1. Schritt: die Beobachtung
    Was ist passiert? Was siehst du, was kannst du beobachten?
  2. Schritt: das Gefühl
    Wie geht es dir mit dem, was du beobachtetet? Was fühlst du?
  3. Schritt: das Bedürfnis
    Was brauchst du in dieser Situation? Was ist dir wichtig?
  4. Schritt: die konkrete Bitte
    Was ist dein Wunsch und deine Bitte? Worum möchtest du wen konkret bitten?

Zurück zu dem Beispiel der beiden Freundinnen:

Anstatt sich bei ihrem Nachbarn zu beklagen, die Freundin „würde sie immer zwingen, mit ihr wie blöd durch die Welt zu laufen“ und kurz angebunden mit einem „Nein, ich will nicht!“ der Freundin abzusagen, kann sie alternativ ihre Freundin ansprechen und fragen:

Sag mal, du schlägst vor, dass wir gleich durch die Nachbarschaft bei dir spazieren. Das dauert circa 60 Minuten, wenn wir die große Runde laufen. (Schritt 1) Wenn ich mir vorstelle, wie wir gemeinsam laufen, bin ich unruhig und irgendwie hibbelig und bin dann so lustlos, meine Wohnung zu verlassen (Schritt 2), obwohl ich mich gerne mit dir austauschen möchte. Ich wünsche mir, dass wir in Ruhe und ganz entspannt miteinander sprechen können – und wenn wir in der Nachbarschaft laufen, dann bin ich vom Straßenverkehr abgelenkt und kann mich nicht auf dich konzentrieren (Schritt 3). Können wir von deiner Wohnung aus zum großen Platz laufen und uns auf eine Bank setzen und uns dort unterhalten? (Schritt 4)

Sie tritt in Kommunikation mit ihrer Freundin und vermeidet Urteile, die allzu häufig spontan entstehen. Die Gewaltfreie Kommunikation erlaubt es uns, auf eine Weise zu kommunizieren, die uns Türen öffnet und unser gegenseitiges Verständnis vergrößert. Wenn man sich ohne moralische Urteile begegnet, entsteht eine Verbindung, die es erlaubt und die Sicherheit gibt, über eigene Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen. Wir sind mit uns und dem Gegenüber ehrlich (und zeigen eine Ehrlichkeit, die ohne Verletzungen auskommt).

In unseren Seminaren in Gewaltfreier Kommunikation kannst du lernen, wie man empathisch und bedürfnisorientiert kommuniziert.

 

 

2 Kommentare

  1. Was für ein geniales Beispiel! So etwas in der Art kennt doch fast jeder. Und statt uns das Leben schön zu gestalten, erzeugen wir bei uns selbst Traurigkeit oder gar Wut. Und dabei ist es so einfach. Danke Katharina.

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  2. Es freut mich, dass ihr bei dem Beispiel mitgehen könnt. Danke, dass ihr uns zeigt, in welcher Weise euch der Artikel bewegt.

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