Virginia Satir: Was können wir von einer der bedeutendsten Familientherapeutinnen lernen?

von | 15. Nov 2020

“I want you to get excited about who you are, what you are, what you have, and what can still be for you. I want to inspire you to see that you can go far beyond where you are right now.” – Virginia Satir

Virginia Satir (1916-1988), die man zurecht als Pionierin der Familientherapie bezeichnen kann, war eine US-amerikanische Psychotherapeutin, die heute als eine der bedeutendsten Familientherapeutinnen gilt.

Zahlreiche ihrer therapeutischen Ansätze wurden von den beiden NLP-Begründern Richard Bandler und John Grinder modelliert und finden sich heute im NLP wieder. Virginia Satirs Arbeitsweisen und Modelle dienen bis heute vielen Therapeuten als Vorbild und sind, neben dem NLP, auch Teil der systemischen Therapie und des systemischen Coachings.

Die Struktur der Magie I (1975) und die Struktur der Magie II (1976) setzen sich umfassend mit Virginia Satirs Konzepten auseinander. In den Büchern wurden zum ersten Mal neurolinguistische Aspekte der menschlichen Kommunikation gebündelt und im Rahmen des Meta-Modells für das therapeutische Setting genutzt.

Viele von Virginia Satirs Annahmen finden sich auch in den NLP-Grundannahmen wieder. Dazu zählt die systemische Betrachtung von Körper, Geist sowie die Grundannahmen „Jedem Verhalten liegt eine positive Absicht zugrunde“ und „Menschen treffen in jedem Moment die beste Wahl, die ihnen zur Verfügung steht“. Mit ihrer Arbeit legte sie außerdem die Grundlagen für die systemische Aufstellungsarbeit und das innere Team von Schulz von Thun.

Auch das „Teile-Modell“ des NLP geht zum Teil auf Virginia Satir zurück. Was jedoch noch wesentlich bedeutender ist, ist neben den Methoden, die sie intuitiv entwickelte und die Bandler und Grinder beschrieben, die Haltung aus der heraus sie arbeitete. Diese humanistisch systemische Haltung war von Liebe zu Menschen und Mitgefühl geprägt, sowie einem tiefen Verständnis systemischer Wechselwirkungen und dem Wissen, dass jedes System bereits die gesuchten Lösungen in sich trägt.

Virginia Satirs Lebensgeschichte

1916 wurde Virginia Satir in Neillsville, Wisconsin geboren. Sie bezeichnete sich schon als Kind als „Familien-Detektivin“, da in ihrer Familie, aufgrund der unterschiedlichen Herkunft ihrer Eltern, viele Konflikte herrschten.

Nach ihrem College-Abschluss im Jahre 1936 begann Virginia Satir ihr Berufsleben als Pädagogin nach ihrem Abschluss am Milwaukee State Teachers College (heute University of Wisconsin). Während ihrer Arbeit als Lehrerin an öffentlichen Schulen entwickelte sie ein Interesse daran, die Eltern ihrer Schüler zu treffen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Schon früh brachte die Unterstützung der Eltern nicht nur erfolgreichere Ergebnisse für ihre Schüler im Klassenzimmer, sondern eröffnete auch das Potenzial für Heilung in ihren Familien.

Sie begann, die Familie als Mikrokosmos für die größere Welt zu sehen und erklärte: „Wenn wir die Familie heilen können, können wir die Welt heilen.“

Zugleich machte sie eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin und schloss eine psychoanalytische Ausbildung ab. Ihr Interesse an der Arbeit mit Familien veranlasste sie, sich an der Universität von Chicago weiterzubilden, wo sie 1948 ihren Master of Social Work machte. Nachdem sie ihre Ausbildung abgeschlossen hatte eröffnete sie eine private Praxis, in der sie an erster Stelle nur mittellose Patienten behandelte. Durch die Arbeit mit einer schizophrenen Patientin kam Virginia Satir 1951 erstmalig die Idee, die gesamte Familie in die Therapie miteinzubeziehen. Und so entwickelte sie die gruppentherapeutische Methode der Familienskulptur und der Familienrekonstruktion (eine Art Mischung Familienskulptur, Psychodrama und Gestalttherapie). Mit ihrer Hilfe gelang es ihr mit den Klienten generationsübergreifende Muster im gesamten „Familiensystem“ bewusst zu machen und zu lösen.

  • 1955 bis 1958 hatte Virginia Satir einen Lehrauftrag im Illinois State Psychiatric Center in Chicago inne. Außerdem leitete sie zwei Therapiepraxen und war in einem Schulzentrum tätig. Sie arbeitete zu der Zeit etwa 85 Stunden die Woche.
  • Im Jahre 1959 hat Virginia Satir gemeinsam mit Don D. Jackson und Jules Riskin das „Mental Research Institut (MRI)“ in Palo Alto gegründet. In diesen Jahren fing sie auch an in unterschiedlichen Bundesstaaten Vorträge über ihre Therapieansätze zu halten.
  • Sie verließ 1966 das MRI und widmete sich ihrer Lehrtätigkeit und dem Ausbau ihres „Conjoint Family Therapy“-Ansatzes.
  • Es war das Jahr 1972 als sie den damals 22-jährigen Richard Bandler kennenlernte. Virginia Satir beschäftigte sich seit Mitte der 60er Jahre mit den Instrumenten der Parts Party und der Familienrekonstruktion. Wie zuvor John Grinder setzte nun auch Richard Bandler die gefundenen wirksamen Muster direkt im Rahmen seiner eigenen Gruppen ein.
  • In den 70ern stand sie mit unterschiedlichen Therapeuten und auch mit verschiedenen Indianerstämmen in Verbindung. Sie erschloss sich diese als Quelle der Spiritualität.
  • Im Jahr 1977 gründete Virginia Satir das „Avanta Network“. Das war ein Non-Profit-Unternehmen mit dem Ziel Menschen mit gemeinsamen Werten zusammenführen. Virginia Satir beschrieb als ihre Vision die des Friedens zwischen allen Menschen. Und dazu wollte sie Ihr Netzwerk nutzen, um die Fähigkeiten und Fertigkeiten derjenigen, die sie ausgebildet hatte, zu verbinden. Im Kern des „Avanta Network“ steht die Entwicklung und Vermittlung von Verfahren, die zur Steigerung des Selbstwertes führen.
  • Virginia Satir starb am 10. September 1988 in Palo Alto an Krebs. Zuvor war im Mai 1988 einer ihrer wichtigen Lebenswünsche, ihre Arbeit in der Sowjetunion zu zeigen, in Erfüllung gegangen. Bis zu ihrem Tod arbeitete sie unermüdlich als Trainerin und Dozentin.

Zu ihrer Lebzeit schrieb Virginia mehrere anerkannte Bücher zum Thema Familientherapie und förderte den Aufbau von Organisationen, wie dem Mental Research Institute, dem International Human Learning Resources Network (IHLRN) und dem Avanta Network (heute The Virginia Satir Global Network) für den Zweck der Ausbildung und Bereitstellung von Ressourcen für Therapeuten.

Das Satir-Modell wurde über den Bereich der Familientherapie hinaus erweitert und ist auf zahlreiche Situationen anwendbar, in denen eine Verbesserung der menschlichen Kommunikation und des menschlichen Wachstums gewünscht wird. Es hat sich in Bereichen von Beratung, Coaching, Therapie und Sozialarbeit bis hin zu Bildung und Informationstechnologie als nützlich erwiesen. Die Prinzipien, die in Virginia Satirs einzigartiger Kombination aus Intelligenz, Einsicht und Mitgefühl verkörpert sind, sind universell in ihrer Anwendbarkeit auf den menschlichen Zustand und es besteht kein Zweifel daran, dass sie ihren Status als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in der Geschichte der modernen Therapie verdient.

Videos: Auszüge aus Virginia Satirs Arbeit

Einen kleinen Auszug aus ihrer Arbeit kannst du in diesem Video sehen:

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Sieh dir in diesem Video an, wie Virginia Satir eine zukunftsweisende Sitzung mit einer Familie durchführt:

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In diesem Video kannst du sehen, wie Virgina Satir eine Familie liebevoll mit dem langjährigen Drogenmissbrauch ihres Sohnes konfrontiert.

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Bibliography

Satir, Virginia (1975). Self Esteem, Berkely, CA: Celestial Arts. ISBN 1587610949.

Satir, Virginia (1976). Making Contact, Berkely, CA: Celestial Arts. ISBN 0890871191.

Bandler, Richard, John Grinder & Virginia Satir (1976). Changing with Families: a book about further education for being human, Palo Alto, CA: Science & Behavior Books. ISBN 83140051X.

Satir, Virginia (1978). Your Many Faces, Berkely, CA: Celestial Arts. ISBN 0890871205.

Satir, Virginia, James Stachowiak & Harvey A Taschman (1982). Helping Families Change, New York, NY: Jason Aronson. ISBN 1568212275.

Satir, Virginia (1983). Conjoint Family Therapy, Palo Alto, CA: Science and Behavior Books. ISBN 0831400633.

Satir, Virginia, Michele Baldwin (1984). Satir Step by Step: A Guide to Creating Change in Families, Palo Alto, CA: Science and Behavior Books. ISBN 0831400684.

Satir, Virginia (1988). New Peoplemaking, Palo Alto, CA: Science and Behavior Books. ISBN 0831400706.

Satir, Virginia (1990). Peoplemaking, London, UK: Souvenir Press. ISBN 0890871191.

Satir, Virginia, John Banmen, Jane Gerber & Maria Gomori (1991). Satir Model: Family Therapy and Beyond, Palo Alto, CA: Science and Behavior Books. ISBN 0831400781.

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